Hallo Letzte Instanz, vielen Dank dafür, dass Ihr Euch die Zeit für ein Interview nehmt. Mein Name ist Matthias und ich bin Schreiberling für ein Online-Magazin (www.splitted.de). Alles, was Ihr jetzt sagt (beziehungsweise schreibt), kann und wird vorm Leser für oder gegen Euch verwendet werden. Los geht’s:
Achtung: Das Interview beantwortet holly d., Gitarrist, 2. Stimme und Gründungsmitglied von Letzte Instanz.
Schuldig! Das ist mal eine klare Ansage, aber da stellt sich doch die Frage: Wer? Und warum? Ist euer Album als Anklage gemeint?
holly d.: Schuld ist ein Phänomen, das einfach zu unserer Zeit gehört, vielleicht zur Menschheit generell. Dabei macht die Schuldfrage nichts besser. Auch ist Schuld immer auch eine Frage der Betrachtungsweise, wir machen es uns da einfach. Nehmen wir Gorge Bush, der hat für uns Deutsche als Schuldiger super funktioniert. Am Beispiel Klimawandel, die USA und Bush haben blockiert, die sind schuld. Aber wer fährt den hier die Autos, wer verursacht hier den Müll? Das ist das Problem an Schuld, sie allein macht nichts besser. So, jetzt zum Album: Das ist natürlich keine Anklage, eher der Freispruch. Schuld auf sich zu nehmen ist eben das eine, daraus zu lernen aber das Entscheidende.
Wie funktioniert das als Band, wenn eines der Mitglieder in Istanbul lebt? Arbeitet ihr online miteinander, oder trefft ihr euch regelmäßig, um an neuen Ideen zu werkeln?
holly d.: Super, das merkt man doch! Bei uns läuft ganz viel über Server und das Internet. Da ist dann auch die Entfernung kein Problem. Wir reden über Skype mehr miteinander, als wenn wir in einer Stadt wohnen würden. Die Entfernung macht die Band auch zu was besonderen, wir freuen uns einfach aufeinander und wissen die gemeinsame Zeit zu schätzen.
Ich habe das Gefühl, dass ihr mit jedem neuen Album homogener werdet. Alles wirkt wie aus einem Guss. Liegt das an eurer gemeinsamen Entwicklung, oder ist das ein gezielter Wandel?
holly d.: Nach dem Akustikalbum und der Tour wollten wir wieder rocken! Das neue Album sollte pure Energie verströmen, sehr direkt sein. Wir wollten schnelle Songs, die uns auch auf der Bühne jede Menge Spaß machen. Wenn ich „Schuldig“ jetzt höre, so sollte es werden.
Nachdem ihr die letzten Alben in Eigenregie produziert habt, seid ihr diesmal wieder zu einem erfahrenen hauptberuflichen Produzenten gegangen. Wie war die gemeinsame Arbeit? War man sich immer einig, oder gab es Kompetenzgerangel?
holly d.: Hennig Verlage war ein Goldgriff. Mit so einem Produzenten ist das ja so eine Sache. Das nimmt der Band etwas Verantwortung und Arbeit von den Schultern, dafür hat man sein Baby nicht mehr 100-prozentig in der Hand. Hennig hat das super hinbekommen und wir sind in der Beziehung wahrlich keine pflegeleichte Band. Für eine gute Platte muss auch Herzblut vergossen werden.
Von Mitte März bis Mitte April seid ihr innerhalb Deutschlands auf Tour, um eure neue CD zu promoten. Gibt es darüber hinaus schon Planungen für die Festivalsaison?
holly d.: Oh ja, wir spielen einige Festivals und freuen uns auch über einige recht große Open Airs. Die Termine darf ich noch nicht rausgeben. Verraten kann ich aber schon, dass wir nach 2003 wieder auf dem Wave- Gothic- Treffen spielen werden.
Soviel hierzu, nun die Pflichtübung: zehn Fragen, die in meiner Interviewreihe immer die selben sind: Kreuzfeuer.
Zu Hause:
01.)
Wie schreibt ihr eure Songs? Hat irgendwer die Initialidee, oder kommt das ganze eher aus dem Spielen heraus, oder doch ganz anders?
holly d.: Songs werden bei uns i.d.R. am Rechner komponiert. Auf den letzten 3 Alben haben das zumeist Oli und Herr Stolz gemacht. Die Songs kommen in einen Pool und werden dann ggf. fürs Album ausgewählt und solange geschliffen, bis sie Diamanten sind.
02.)
Was tut ihr neben Musik machen in Eurer Freizeit noch so?
holly d.: Da kann ich nur für mich sprechen: Bersteigen, Yoga, Lesen, Reisen. Die anderen in der Band haben im übrigen auch keine Freizeit. 😉
03.)
Ist Letzte Instanz Beruf, Berufung, oder Hobby?
holly d.: ein Abschitt meines Leben, eine Sucht, eine Herausforderung
Unterwegs:
04.)
Vegan, Straight, oder doch eher Sex, Drugs und Rock n Roll? Wie sieht euer perfektes Catering aus?
holly d.: Wieder nur für mich: vegetarisch, frisch, lecker, leicht, gern auch indisch, Gemüsesäfte, fränkisches Bier, spanischer Rotwein, guter Wodka – ich kann wenig meckern, unser Catering ist im allgemeinen gut und wir sind ja nicht zum Essen unterwegs.
05.)
Wenn ihr es aussuchen könntet, wer wäre auf euerer Headliner/Support-Tour die favorisierte Support/ Headliner-Band?
holly d.: Wir würden schon mal mit Rammstein, Korn, HIM oder Madonna spielen, aber die Welt würde das auch nicht verändern. Wir haben schon mit vielen guten Bands zusammen spielen dürfen und im Endeffekt kochen alle mit dem selben Wasser.
06.)
Was war das bisher größte Tour/Live-Erlebnis, das Euch passiert ist?
holly d.: Da muss ich 3 nennen:
1. unsere Gigs im Avalon in Allentsteig (Waldviertel/ Österreich), unser Lieblingsklub, der leider 2005 geschlossen wurde
2. Wacken Open Air 2007 – das war groß!
3. OpenAir in Guangzho/ China im November 2008, das war der Wahnsinn!
Merkwürdiges:
07.)
Ihr seid auf einer einsamen Insel gestrandet, und euer I-Pod ist kaputt. Er spielt nur noch einen (nicht-eigenen) Song ab. Welchen?
holly d.: Da kann ich wieder nur für mich sprechen: Ich könnte auch ohne iPod leben, aber wenn es schon 1 Song sein soll, dann irgendwas von Philip Glass, aber die Akkus sind dann eh bald alle.
08.)
Wenn ihr als Band noch mal komplett von vorne anfangen könntet, was würdet ihr anders machen?
holly d.: Alles! Wir sind Kinder der Zeit. Ich weiß nicht, ob ich wieder Musik machen würde, wenn ja, dann würde sie ähnlich klingen und die Band könnte genau so gut spielen.
09.)
Wie viel bedeutet euch das, was ihr tut? Wo liegen die Grenzen?
holly d.: Auch da hat jeder individuelle Grenzen. Ich glaube, da sollte man auch nicht zu oft nach fragen. Die Band ist für mich alles und nichts und wann die Grenze kommt, das werde ich einfach merken.
Die alles entscheidende Frage:
10.) Wenn es eine Frage gäbe, die ihr schon immer gestellt bekommen haben wolltet, die aber niemals gefragt wurde, wie würde sie lauten und was wäre die Antwort?
holly d.: Oh ja, ich versuche es mal: Frage: Glaubst Du an die Liebe? Antwort: Ja, die Fähigkeit zu lieben ist möglicherweise das einzige gute am Menschen.