In einem Interview von 2006 habt ihr euch mit dem wasteofmind-mag über euren einzigartigen Stand als deutschsprachige Hardcoreband unterhalten und es weder als Fluch noch als Segen abtun können. Auch, wenn euch jetzt nicht gerade eine Flut an Bands „im Nacken“ sitzt gibt es heute zumindest in eurer Liga noch Bands wie Callejon, Espcapado, deren Erfolg sich derzeit nicht leugnen lässt. Wie denkt ihr inzwischen darüber. Auch, wenn man deutliche Unterschiede zwischen Narziss und Callejon machen kann, schlägt es doch grob in eine ähnliche Kerbe…
Ich denke nicht, dass Callejon in unsere Kerbe hauen, oder wir in deren. Es war doch auch wirklich nur eine Frage der Zeit, bis sich mehr deutsche Hardcore-Bands trauen, in ihrer Muttersprache zu singen. Ich denke nicht dass wir uns auf doch wohl eher kindischen „aber wir waren die ersten“ Sprüchen ausruhen sollten. Wir sind wer wir sind und wir machen worauf wir Lust haben und wenn uns einige Leute als Wegbereiter für diese Art von Musik sehen, dann ehrt uns das natürlich, raubt anderen Bands aber keineswegs ihre Daseinsberechtigung.
Euer Album-Artwork zieren Bilder die doch ziemlich pessimistisch, schon depressiv anmuten. Muss Hardcore etwas negatives haben um glaubwürdig zu sein?
Das denke ich nicht. Schau dir Bands wie Cood Clean Fun an. Die sehen das alles etwas lockerer und haben trotzdem einen guten Stand in der Hardcoreszene. Generell finde ich es blöd zu sagen dass eine Musikrichtung so und so zu klingen, oder die Platte so und so auszusehen hat, um Akzeptanz in einer Szene zu finden. Artwork und Musik bzw. Texte sollen unserer Meinung nach eine Einheit bilden. Wir wollen den Leuten ein Gesamtkunstwerk vorlegen und das man in unserem Alter nicht mehr über den ersten Kuss oder den Abschlussball singt, versteht sich ja auch von selbst.
Im April seid ihr eine Woche zusammenhängend auf Tour. Das ist für euch als Familienmenschen ja nicht selbstverständlich. Wie lässt sich das heute kombinieren? Eine neue Platte verlangt ja gewissermaßen eine höhere Livepräsenz, bzw. gibt dieser neues Feuer…
Familiär gesehen wird die Tour eine schwierige Sache. Es ist auf jeden Fall ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite freuen wir uns auf die Tour, da wir als Band auch nach zehn Jahren noch sehr viel Spaß miteinander haben. Auf der anderen Seite wird die zehntägige Trennung von der Familie schon eine schwere Sache. Zum Glück wissen wir um die Unterstützung und das Verständnis unserer Lebenspartnerinnen und somit wird das schon irgendwie gehen. Wir haben noch nie so eine richtige Tour gespielt. Ich glaube es wird mal Zeit ; ).
Deutsche Texte, agressive Musik und ein Bandname, der von Leuten, denen eine Sekunde nachdenken zu anstrengend ist, auf Nazi reduziert wird. Wie geht ihr mit dieser Angriffsfläche um? Lässt euch so etwas völlig kalt, weil es auf blößem „nicht-Nachdenken“ fußt? Ich zumindest ärgere mich immer, wenn ich soetwas höre wie „sind das auch Nazis?“…
Ja ja, die Nazi oder noch schlimmer die Nazi SS Sprüche. Wenn wir für jeden dieser Sprüche 50 Cent bekommen würden, dann bräuchten wir keine Platten mehr zu machen und könnten alle unserer Jobs kündigen. Wir würden dann nur noch Shirts machen und unseren Namen in sämtlichen Foren posten. Sätze und Sprüche oben genannter Art sind einfach zu blöd, um diskutiert zu werden.
Jetzt seid ihr bei Redfield Records. Dazu sind – zumindest von eurer Seite – recht wenige, wenn auch lobende Worte gefallen. War das alles so eindeutig? In der Vergangenheit war das Thema Label doch nicht so leicht gegessen…
Die wenigen Worte erklären sich einfach in der guten Zusammenarbeit. Es lässt sich nunmal besser über jemanden meckern, als ihn mit Lobhudeleien zu überziehen. Somit müsste unserer Position zum Label eigentlich klar sein. Was die Vergangenheit angeht, wollen wir keine dreckige Wäsche waschen. Wir haben in zehn Jahren so einiges erlebt und wissen mittlerweile offene und ehrlich Arbeit sehr zu schätzen.
Für was steht „Echo“ für euch? Warum ist das der Titel der Platte?
Nun zunächst war uns ein kurzer und schlagkräftiger Titel wichtig. Bei „Echo“ kommt hinzu, dass die sich in Narziss verliebende Nymphe eben diesen Namen trägt, somit ein idealer Bezug zwischen Band und Albumname.
Mit deutschen Texten kommt man einfach direkter an die Leute. In wie weit wollt ihr die Leute damit kriegen, sich Gedanken zu machen… politische z.B. ? Oder spielt das „Echo“ in ihrem Kopf keine Rolle für euch?
Narziss haben auf jeden Fall ein inhaltliches Anliegen, ansonsten könnten wir den Alex auch ein Telefonbuch oder den Duden heruntersingen lassen. (Sollte das jetzt jemand versuchen, möchte ich daraufhinweisen, dass diese Idee ab jetzt als für uns geschützt gilt ;)) Was uns völlig fern liegt ist der Versuch den Leuten Vorgaben bezüglich ihres Denkens zu machen. Wir verarbeiten Themen, die uns beschäftigen und wollen den Leuten zeigen, wie wir über bestimmte Sachen denken. Die Leute sollen sich mit unseren Texten beschäftigen, denn obgleich sie deutsch sind glaube ich nicht, dass sie allzu leicht zu durchdringen sind.
Eine zeitlang war es cool auf deutsch zu singen, fast ein Garant dafür schnell erfolgreich zu werden. Das trifft auf die Härte eurer Musik natürlich nicht zu, aber war/ist dieses Rockstar Ding ein Traum von euch? Oder habt ihr garnicht vor auf MTV zu laufen oder Fernsehinterviews zu geben?
Narziss auf MTV? Eine witzige Vorstellung aber definitiv nicht unser Ansinnen. Wir wollen und werden wohl auch nie Rockstars sein. Da gibt es andere, die das besser können. Wir wollen mit unserer Musik Spaß haben. Eine abgehende Meute auf einer Show ist für uns Anerkennung genug. Ich denke man sollte sich auch nicht von dem ganzen Promotion/ Hypekram blenden lassen, oft steckt weniger dahinter als man vermutet. Schau dir Maroon an. Die können eine absolut ehrliche und obergeile Show auf die Bühne legen, egal wie groß das Publikum ist. Das können sich viele der „großen“ Ami-Acts nicht auf die Fahnen schreiben.
Zählt man die Cover, die eure Myspaceseite schmücken kommt jetzt mit „Echo“ euere inzwischen 12te Veröffentlichung auf den Markt. Wie fühlt sich das an? Ist es immer wieder etwas völlig neues? Versucht ihr die vorigen CDs in den Schatten zu stellen? Wie fügt sich das Ganze in eure Geschichte ein?
Für uns ist jedes Release wieder eine aufregende Geschichte. So ein neues Album ist ja auch irgendwie so ein bißchen wie ein Kind. Man „arbeitet“ daran und bringt es nach vielen aufreibenden Monaten zur Welt. Und ich kenne keinen für den die dritte oder vierte Geburt irgendwie langweilig gewesen wäre ; )
Was das „in den Schatten stellen“ angeht muss ich sagen, dass wir natürlich versuchen, die Songs immer besser zu machen. Fehler oder besser gesagt Makel nicht zu wiederholen. Dennoch gibt es innerhalb der Band Meinungen, dass einige ältere Songs zu den Besten gehören, die wir je gemacht haben.
Vielen Dank.