Der Beibackzettel zur neuen Scheibe von JUCIFER fragt ungeniert nach meinen rudimentären Kenntnissen der französischen Sprache, die dafür ausreichen, „L´Autrichienne“ mit „Die Österreicherin“ zu übersetzen. Passend dazu sehen wir auf dem Cover ein Portrait von Marie Antoinette, Tochter der österreichischen Kaiserin Maria Theresia und Ehefrau von König Louis XVI. von Frankreich. Der wurde, wie wir natürlich wissen, während der Französischen Revolution zusammen mit seiner Gattin mittels Guillotine einen Kopf kürzer gemacht. Und genau das wünsche ich an manchen Stellen dem Duo Edgar Livengood und Amber Valantine ebenso. Warum? Deshalb!
Suggeriert der erste Track „Blackpowder“ noch, dass es sich bei JUCIFER um eine Band handelt, die alternativen Gitarrenrock jenseits des klassischen Mainstreams macht, so zertrümmert schon das zweite Stück „Thermidor“ in einem brachialen Tourette-Anfall die Erstinterpretation, wohingegen anschließend „Deficit“ das erste Mal jene Fragilität in Amber Valentines Stimme zum Ausdruck bringt, welche die Vielschichtigkeit, jedoch auch die Wankelmütigkeit beim Künstler sowie beim Rezensenten zeigt. Spätestens „Champ De Mars“ mit seinen tiefen, an BLACK SABBATH erinnernden Gitarren zerhackt jenen Schrank, in dem die Schubladen der Schwarz-Weiß-Denker gehört hätten.
Zur Vielseitigkeit gehört ebenfalls, dass sich die ansonsten minimalistischen Musiker aus Georgia äußerst polyglott zeigen. So etwa ist „Armada“ eine zarte Ballade in französischer Mundart, das alles zermalmende Titelstück mit dem gleichen Namen des Albums ebenso. „October“ ist ein psychedelisches Groove-Monster, welches auch in einem Tanzclub mit alternativer Hörkultur Bewunderer finden würde, „Traitors“ – einmal mehr auf Französisch – ein Punkrock-Stück mit einem Refrain, der zum Hüpfen einlädt, „Window“ – mein persönlicher Favorit – ein grandios dreckiges, aber melodisches Gitarrenrock-Output.
Sollte man nicht begeistert sein ob so viel Talent, wie seit „Dirty“ von SONIC YOUTH nicht mehr? Schwer zu sagen, denn ich simpler Mensch bin nicht immer fähig und auch nicht immer bereit dazu, solch eine Gradwanderung zwischen den Elementen mitzumachen. Jene janusartige Doppelbildlichkeit, wie sie schon der Bandname intendiert, ist schwer nachvollziehbar und mitunter auch ganz schön anstrengend. Entweder süßer SAFT oder der stinkende TEUFEL, das wäre OK gewesen; da weiß man, was man bekommt. Aber beides zusammen verstößt mitunter gegen die Genfer Konvention. Insofern schreit eine innere Stimme unisono mit meinen eingefahrenen Denkmustern förmlich nach dem Henker. Ob ich damit Recht behalte, soll die Geschichte entscheiden.