Alive At Last – Anchors Aweigh

Es ist nie einfach, über bekannte bzw. befreundete Bands zu schreiben. Viel zu oft werden dann Blätter vor den Mund genommen, die man bei anderer Kritik vielleicht nicht gehabt hätte. Und oftmals wird entsprechend eine „Kritik“ schnell zur Lobeshymne, wo andere vielleicht eine neutrale Bewertung erhalten hätten. Aber wäre es nicht traurig, in der Heimatstadt einer Band aus solchen Gründen keine Kritiken lesen zu können? Also: sachlich bleiben, und los geht’s:
Mit ihrem ersten Release legen die PostScreamo-Recken von ALIVE AT LAST sieben Songs vor, die als erstes Lebenszeichen auf Silberling für Gehör sorgen sollen. Und das tun sie auch. Eindrucksvoll zeigt die Band, was sie an Facettenreichtum tatsächlich besitzt, der live dann doch leider das ein oder andere Mal in der Vergangenheit reiner Partylaune und Spielfreude weichen musste. Konserviert klingen die Songs alle deutlich strukturierter, mehr auf den Punkt gebracht und somit auch von der Wirkung her stärker.
Die durchaus etwas längere Zeit, die man im Studio verbracht hat, scheint sich auszuzahlen. Die Aufnahme ist hervorragend transparent, könnte allerdings insgesamt noch ein wenig mehr Schub vertragen. Das ist jedoch lediglich als kleines Tüpfelchen auf dem „i“ zu verstehen, denn ansonsten macht das Album sehr viel Spaß beim Hören. Vor allem ist es der Gesang von Frontmann Seb, der positiv überrascht. Der anfängliche Schritt, die Gitarre bei Seite zu legen und sich voll und ganz auf den Gesang zu konzentrieren, wird hier konsequent fortgeführt: der Herr hat sich bei seinen Cleangesangspassagen richtig ins Zeug gelegt, das heisere Geschrei hat fast schon einen störenden Charakter, auch wenn es stilistisch natürlich mit in die Songs gehört, aber stimmlich hat sich das Blatt gewandelt: mittlerweile sind die Cleanvocals klar besser als das Geschrei!
Letzteres wird insbesondere zum Ausklang der Scheibe hin deutlich: mit dem mehrstimmig zu Ende geführten „Give it up (in your arms)“ wird noch einmal so richtig derbe in die Ohrwurm-Schiene reingehauen (und das nach bereits ebenfalls ohrwurmverdächtigen fünf weiteren Songs), um dann noch das Akustik-Stück „Run the world “ folgen zu lassen. Sauber, spätestens jetzt müsste der letzte gemerkt haben, dass hier eine tolle Scheibe vorliegt. Auch das Riffing der Band hat sich kräftig weiterentwickelt, und so hört man an vielen Stellen kleine Phrasierungen, die lediglich den Sinn haben, die gerade heraus gespielten Rocksongs zu verzieren, ohne großartig mit spielerischem Können protzen zu wollen, sondern eher dezent und zweckdienlich eingesetzt zu werden. Ähnliches kann man auch beim Schlagzeug entdecken, wenn man gezielt hinhört.
‚Anchors Aweigh’ macht richtig Spaß zu hören, und wer die Möglichkeit hat, sich die Band auch einmal live anzusehen, der wird feststellen, dass es auch unglaublich viel Spaß machen muss, die Songs zu spielen. Sofern ALIVE AT LAST am Ball bleiben und sich auf das Wesentliche konzentrieren, steckt hier enormes Potential für die Zukunft drin.

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