American Steel – Dear Friends

Ich habe mir etwas Zeit gelassen, bevor ich nun diese Zeilen formuliere. Denn wenn es etwas gab, was ich in den letzten zwei Wochen viel lieber gemacht habe als über die neue AMSteel zu schreiben, dann war es, sie zu hören. Etwas mehr als eine halbe Stunde purer Genuss von zeitlos schönem Punkrock.

Vor gut zwei Jahren erreichte mich mit „Destroy Their Future“ das Comeback-Album des Quartetts aus der Bay-Area, welches mich nach einmaligem Hören in Freudentaumel versetze und mich dazu veranlasste, mir sofort die beiden verfügbaren Vorgänger zu besorgen. War „Rogue´s March“ noch ein rauer, ungehobelter Klotz, so zeigte sein jüngerer Bruder „Jagged Thoughts“ bereits, dass unter der unansehnlichen Schale ein ungeschliffener Diamant versteckt war. Nach diesen beiden Alben auf Lookout! war erst einmal Schluss, nur um sechs Jahre später (2007) dieses schimmernd-schönes Werk auf Fat Wreck zu veröffentlichen, welches mir – so jedenfalls das Fazit meiner damaligen Rezension – einmal mehr bewusst machte, dass meine Punkrock-Zukunft gesichert war. Heute ist aus dem Futur Präsens geworden. Ja, ich fühle mich angesprochen. Ja, ich bin euer Freund und ich bin gutmütig. Schließlich habt ihr das Kunststück fertig gebracht, „Destroy Their Future“ mit „Dear Friends And Gentle Hearts“ noch zu toppen.

Schon der schmissige Opener „Emergency House Party“ – vorab bei Myspace zu hören – verkürzt auf knappe zwei Minuten all die Ambitionen, die AMSteel in ihr neues Album stecken und lässt einmal mehr erkennen, warum viele Rezensenten immer wieder Parallelen zu ALKALINE TRIO entdecken…weil sie nämlich (hier) Recht haben. Weitere Höhepunkte sind die düstere Halbballade (kann man das bei Punkrock überhaupt sagen?) „The Blood Gets Everywhere“, der ähnlich gestrickte, aber freundlicher daher kommende Titelsong oder die beiden Rocker „Lights Out“ und „Where You Want To Be“.

AMSteel zeigen sich auf ihrem neuen Output kreativer denn je, seien es Lautstärken- und Dynamikwechsel, verspielte und versteckte Gitarrenlicks, klangvolle Untermalungen oder zweistimmige Gesangspassagen. Trotz dessen neigt die Band nicht zu Übertreibungen, das Ganze bleibt direkter und ehrlicher Rock, der als Referenz immer britischen Punk der 1970 anstelle amerikanischen Hardcores der 1980er angeben wird und dies mit einer gehörigen Portion Folk und Blues anreichert. AMSteel verkörpern den neuen sympathischen Zeitgeist des Punks im 21. Jh., der in keiner Weise mehr –core, sondern einfach nur Rock sein will. Bands wie THE LAWRENCE ARMS, THE LOVED ONES, GASLIGHT ANTHEM oder AGAINST ME! haben sich bereits eine gewisse Reputation erworben. Man gönnt dies den amerikanischen Stahlarbeitern aus Oakland auch. Vielleicht hat ja die vergangene Tour mit den DONOTS zumindest in Deutschland dazu beigetragen. Sagt Bescheid, wenn ihr wieder bei mir um die Ecke seid.

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