Atreyu – Lead Sails Paper Anchor

Eine Band auf der Durchreise. ATREYU, Mitbegründer und Wegbereiter in Sachen Metalcore mit sowohl geschrienen Strophen als auch obligatorisch melodisch gesungenen Chorus-Passagen, halten sich nicht damit auf, sich selbst zu wiederholen. Der Beweis liegt mit dem neuen Album ‚Lead sails paper anchor’ vor.
Aber lassen wir die Erfolgsstory nochmals Revue passieren: mit ‚Suicide notes & butterfly kisses’ wurde der Grundstein für ihre steile Karriere gelegt. Die Songs wussten zu begeistern, der Sound war zu diesem Zeitpunkt noch mittelmäßig. Mit ‚The curse’ wurde dieser Mangel behoben, die Stärken der Band nochmals unterstrichen, Schwächen ausgemerzt, und das Ergebnis war eines der besten Emo/Metalcore-Alben aller Zeiten. Mit ‚A death-grip on yesterday’ erreichte der kommerzielle Erfolg seinen Höhepunkt, auch wenn das Album an sich nicht gerade Lobeshymnen einholen konnte und nicht die Klasse vom Vorgänger erreichte. Nach drei Scheiben folgte dann eine „Best of“, das hat leider gewaltig nach Ausverkauf gerochen. Nun sind ATREYU auf Roadrunner Records gelandet, und alles wird gut.
Wird es das wirklich? Nun, der erste Durchlauf von ‚Lead sails paper anchor’ überrascht auf ganzer Linie. Wie erwartet ist der Sound wuchtig und dick. Mit einer miesen Produktion zu diesem Zeitpunkt würde sich auch keine Band einen Gefallen tun. Aber was passiert da gesanglich? Vorbei ist die Zeit, wo kräftig gebrüllt wird. Alex Varkatzas hat sich weiterentwickelt, klingt jetzt variabler und ein wenig melodisch. Riffing und Stimme erinnern leicht an 18 Visions, monumental, pathetisch, und trotzdem rockig. Der Refrain setzt ein, und spätestens nun ist klar, dass ein Happy End garantiert ist. Die Refrains haben sich wieder mehr in Richtung ‚The curse’ entwickelt. Eingängige Melodie, lockere Mitsingtexte, kurz: großartig.
Ohne sich komplett von ihren alten Fans abzuwenden, machen ATREYU einen gewaltigen Satz nach vorne, um auch für die Zukunft sicherzustellen, in den ganz großen Stadien auf der Bühne zu stehen und Tausende zu verzaubern. Arena-taugliche Rocksongs sind Programm auf dem neuen Album, und das bestechende dabei ist: es sind keine Tiefpunkte auf der Scheibe erkennbar, und jeder Song scheint eine eigene Klangfarbe zu haben und in einem gänzlich eigenen Zusammenhang zu stehen.
Wer eine Neuauflage von ‚The curse’ oder ‚A death-grip on yesterday’ erwartet, der wird wohl recht bitter enttäuscht werden, wenn er oder sie das neue Album von ATREYU zum ersten mal hört. Wem allerdings die Coverversion von ‚You give love a bad name’ gefallen hat, und wer sich vorstellen kann, dass ATREYU auch in der Lage sind, 80er Metal und Country in ihre Songs einfließen zu lassen, wird mit ‚Lead sails paper anchor’ ein Album vorfinden, das in keiner Sekunde auch nur ansatzweise langweilig wird und sich durch enorme Vielschichtigkeit aus der ansonsten eher vorherrschenden Einheitsbrei-Masse hervorhebt. Nach dem eher etwas enttäuschenden Vorgängeralbum eine wahre Freude fürs Ohr.

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