Between The Buried And Me – Colors

Was macht eine Band, die keine Lust hat, sich zwischen zwei Stühle zu setzen, sich dabei aber nicht limitieren will? Genau vor diesem Problem stehen auch BETWEEN THE BURIED AND ME. Aus dem Hardcore kommend, zeigten sie mit ihrem letzten Album ‚The Anatomy Of’, wo ihre musikalischen Wurzeln eigentlich liegen. Nichtsdestotrotz überrascht das neue Album ‚Colors’ doch mit musikalisch hohem Anspruch und einer unerwarteten Entwicklung in ihrer Ausrichtung.

Chaos-Stresser-Core mit Progressivmetal & Jazz mischen? Das erscheint nicht möglich. Um auf die anfängliche Frage zurückzukommen: wenn man keine Lust hat, sich zwischen diese beiden Stühle zu setzen, dann presst man beide Möbelstücke brutal zusammen, jagt sie durch den Schredder, schraubt und nagelt daran herum, bis man hinterher ein gemütliches Zweiersofa gebastelt hat. Dieses Kunststück ist BETWEEN THE BURIED AND ME zugegeben extrem gut gelungen. Neidlos muss man anerkennen, dass hier ein Album erscheint, dass es wirklich in sich hat. Anspruchsvoll, trotzdem brachial, melodisch, disharmonisch, schnell, langsam, strukturiert, oder freestyle-jazzig: ganz egal, was die Herren aus North Carolina auch anfassen, es klingt gleichermaßen logisch wie auch überraschend. Klanglich ist dabei eine Dimension erreicht worden, die genauso zwiespältig ist wie das Songmaterial an sich: kratzig, roh und direkt trifft auf glanzvoll, aufgeräumt und transparent, je nach Zielsetzung.

Dass dabei dann auch noch ganz große Gefühle entwickelt werden, liegt an den zuweilen epischen Songlängen von durchschnittlich acht Minuten (und teilweise deutlich über zehn Minuten). Hierdurch stellen BETWEEN THE BURIED AND ME eine Sache indirekt ganz deutlich klar: wer so lange Lieder schreibt, dem geht es in erster Linie darum, den Zuhörer zu fesseln, und nicht darum, jemanden zu berieseln oder für die Disko einen Hit bereitzustellen. Diese Songs eignen sich in erster Linie für zu Hause, danach erst als anspruchsvolles Live-Set.

‚Colors’ überrascht durch völlig unerwarteten Tiefgang, unerwartete Progressiv-Frickeleien, aber andererseits auch unerwartet dissonantes und so gar nicht Mainstream-taugliches Songmaterial. Dieses Album schlägt in die vorderen Stirnlappen ein wie ein duch die Atmosphäre ungebremster Komet: nie dagewesen und absolut tödlich!

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