Wie man sich doch täuschen kann! Als ich in das Album ‚Lazarus Bird’ von BURST das allererste mal reingehört habe, ging die Schublade meines CD-Players recht schnell wieder auf und der Inhalt wurde bei Seite gelegt. Krach, laut, will ich nicht. Als Schreiber von authentischen Rezensionen ist man allerdings mehr oder weniger verpflichtet, sich die Sachen genauer anzuhören, bevor man sein Urteil abgibt! Im Falle von BURST bin ich über diesen Umstand sehr glücklich, denn sonst wäre mir einiges vorenthalten geblieben. ‚Lazarus Bird’ ist nämlich kein Krach, sondern ein Kracher!
Um zu dieser Überzeugung zu kommen, muss man sich allerdings zunächst mit ein paar Kleinigkeiten abfinden können, die größtenteils mit Effektspielereien zu tun haben. Das Album arbeitet mit vielen ruhigen, ambient-mäßigen Passagen, in denen gerne Unterwasser-Effekte auf Cleangitarre und Cleangesang gelegt werden. Das ist gewöhnungsbedürftig und auf lange Sicht auch irgendwann leicht störend, tut der Qualität des Gesamteindrucks allerdings keinen Abbruch! Was die Songstrukturen betrifft, kann man das nicht so mit einem Nebensatz abtun. BURST verstehen es, zwischen hammerharten Moshriffs, die einen in den Boden stampfen, und butterweichen Cleanparts, die meist progressiv angehaucht sind, umzuschalten, ohne dabei in irgendeiner Weise auf Überleitungen angewiesen zu sein. Und genau dieses Wechselbad ist es auch, das dieser Scheibe seine Originalität verleiht. Die Band hat jegliche Scheuklappen, die man heutzutage in der Szene aufgedrückt bekommt, heruntergerissen und springt nun munter von einer Klangfarbe in die nächste, von hart nach zart, von schräg nach melodiös, von langsam nach schnell, kreuz und quer, wie es ihnen gerade in den Sinn kommt. Das Ergebnis ist gleichsam ungewöhnlich wie auch traumhaft schön.
Die Band lädt nicht nur dazu ein, ihre Songs zu hören, sondern nimmt den Hörer mit auf eine emotionale Reise, die je nach Lied mal rasant, mal gemächlich, aber immer mit überraschenden Kurven und Windungen ist. Ich zitiere eigentlich nur ungern Beipackzettel, aber in diesem Fall ist es wirklich absolut zutreffend: unvorhersehbar, verstörend und doch versöhnlich.
Die Aufnahmequalität der Scheibe befindet sich auf dem Niveau, wo man keinerlei Gemecker mehr zu befürchten hat, also weder, dass einem „Democharakter“ nachgesagt werden kann, noch, dass man als „überproduziert“ wirkt. Mit ‚Lazarus Bird’ hat sich BURST ein eigenes Denkmal gesetzt, das hoffentlich auch nur annähernd so viel Beachtung finden wird, wie es verdient hat!