Decoy Inc. – Demons

Ich finde es immer sehr hilfreich, dass die meisten Bands ganz schnell dabei sind, einem die Suche nach den großen Vergleichsnamen abzunehmen. Entsprechend hoch oder niedrig sind dann meist auch meine Erwartungen, wenn ich erst lese und dann selber höre. DECOY INC. schreiben in ihrer Bandinfo beispielsweise, dass sie mit ihrer Musik Bands wie Leeway, Life Of Agony oder Only Living Witness ehren würden – ergo kann ich es kaum erwarten, die CD zu hören.
Was nun folgt, ist eher ernüchternd. Grooviger Rock, das mag zutreffen, von dem „brachialen Groovecore“ kann ich aber nur bedingt etwas feststellen. Auch was die Wurzeln der Alternative-Szene von vor Jahren betrifft, ist eher eine Sound- denn eine Songfrage. DECOY INC. zieren sich mit Fremdfedern, die für ihren Hut weder geeignet noch die passende Größe haben. Denn das, was sie abliefern, ist grundsolider Rock, aber keinesfalls annähernd die Klasse der genannten Bands. Die Songs grooven, das ist richtig. Sie tun dies allerdings zum einen unablässig, was verhindert, dass sie fließend wirken, und, was ich persönlich noch viel schlimmer finde, sie basieren eher auf Standards. Das, was die großen Vorbilder ausmacht, sind die eher untypischen Ideen, mit Riffings umzugehen, vertrackte Schlagzeugbeats, die sich eben nicht alle vier Takte wiederholen, Riffings, die mal extrem wuchtig, und im nächsten Moment zart und melodiös sind. All das lassen DECOY INC. aussen vor und rocken nach vorne los. Das tun sie wie gesagt nicht schlecht, aber eben auch nicht so gut wie angepriesen.
Die Stimme von Frontmann Leo erinnert in erster Linie an Keith Caputo. Ein wenig quäkig, aber melodisch, eigenständig, keinesfalls Mainstream. Er trifft im Schnitt 100% die Töne, das Problem dabei ist nur: im Schnitt, denn die Hälfte der Zeit erreicht er 95% der erforderlichen Tonhöhe, die andere Hälfte liegt er bei 105%. Immer einen ganz kleinen Hauch vorbei, und das geht auf Dauer an die Substanz. Die Produktion der Scheibe betont dies obendrein, indem sie den Gesang in den Vordergrund rückt und nicht ins Gesamtbild einebnet. Die restliche Aufnahme ist okay, deutlich besser als ein Demo, aber auch nicht so gut wie eine moderne Studioaufnahme klingen sollte. Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, DECOY INC. hätten bewusst einen Sound haben wollen, der nach Mitt-Neunziger Hardcore/Alternative klingt.
Letzter Punkt (und gleichzeitig etwas, was recht selten angesprochen wird): Weder das Cover noch das Bandfoto deuten auf das hin, was an Audioinhalt auf einen zukommt. Wer Platten im Laden anhand von Coverartworks oder Bandfotos probehört, wird bei DECOY INC. eher mit einer Thrash/Death, mit etwas Phantasie vielleicht auch einer Metalcore-Scheibe rechnen. Entsprechend überraschend dünn und drucklos wirken die Songs dann. Ein freundlicheres Cover und ein, sagen wir mal mutig, fröhliches Bandfoto hätten hier die Erwartungshaltung in eine andere Richtung gelenkt, was dem Gesamteindruck der Scheibe sicherlich auch ganz gut getan hätte. Somit kann ich nur festhalten, dass DECOY INC. zwar mutige Wege gehen, indem sie eher einer musikalischen Richtung folgen, die nicht mehr ganz up-to-date ist, dies aber nur mittelmäßig gut machen. Wer auf die Musik steht, sollte sich lieber die Originale anhören…

Schreibe einen Kommentar