Unverschämt! Die heutige Jugend hat einfach keine unsinnigen Aufgaben mehr. Wo unsereins früher hinter Computern und Spielekonsolen verbracht, im Wald Buden gebaut oder in der Fußgängerzone herumgelungert hat, da scheint es in England nur eine Möglichkeit zu geben: eine Band gründen, sich im Proberaum verschanzen und dann noch vor dem Ende der Pubertät ein Album herausbringen, das sich durchaus anhören lässt. EARLY GRAVE machen vor, wohin frühzeitige Zielstrebigkeit führen kann!
Kein Witz: diese Band ist noch nicht die Bank durch volljährig. Angesichts der spielerischen Fertigkeiten und des abwechslungsreichen Songwritings, dass die Kids da an den Tag legen, sollte man aber eigentlich von mit allen Wassern gewaschenen Musikern ausgehen. Statt dessen haben sie sich wahrscheinlich noch nie im Leben rasieren müssen und gleichen jahrelange Erfahrung durch Begeisterung, Talent und Engagement aus.
Musikalisch befinden wir uns im Bereich Deathcore, jedoch auch hier zeigen sie jugendliche Unschuld (oder sollte es das revolutionierende Gedankengut eines pubertierenden Teenagers sein?!?) und trauen sich, in die ansonsten insgesamt sehr harten und düsteren Songs sowohl clean gesungene Passagen einzubauen, die fast schon Emo-Charakter haben, als auch Singalong-Parts zu verwenden, wo jeder mal in ein Madball-Shoutcrew-mäßiges Feeling verfallen darf. Ihr denkt, das passt alles nicht zusammen? Doch, tut es, und zwar gar nicht mal so schlecht. Unbedarft probieren die Jungs aus, unterschiedliche Stile zu etwas neuem zu verbinden, und gehen dabei immer einen kleinen Schritt weiter, als man es erwartet hätte.
‚Tomorrow I Am You’, ist das vielleicht eine Kampfansage an all die großen Bands, die da draußen lauern und sicherlich erstaunt sein werden über das Können dieser noch absolut jungen Band?!? Und EARLY GRAVE als Bandname, wenn man gerade erst dabei ist, volljährig zu werden und die Karriere noch vor einem liegt? Vielleicht soll es eine Prognose sein für den Fall, dass der frühe Ruhm der Band zu Kopf steigt und sie sich daraus eine Schlinge drehen. Vielleicht hat aber auch einfach der Produzent der Scheibe ein klanglich frühes Grab ausgehoben! Denn bei aller Verspieltheit und dem wirklich sehr interessanten Songansätzen: klanglich liegt diese Aufnahme bereits sechs Fuß unter der Erde! Im Vergleich zu modernen Hardcorescheiben (und ich muss hier nicht einmal die besonders guten Hochglanzproduktionen aus dem Schrank ziehen) wirkt das alles irgendwie schäbig, und man hat schon besser aufgenommene Demos gehört. So schlecht, dass man es nicht ertragen kann, ist das alles aber auch wieder nicht. Dominierend sind Schlagzeug und Gesang, welche beide in Ordnung sind, der Bass geht im Gesamtklang verloren, genau wie ein Großteil der Gitarren unter den Becken nahezu verschwindet. Gitarreneinstellung steht auf „Badewanne“: viele Bässe, viele Höhen, keine Mitten! Dass da nichts wirklich Gescheites draus werden konnte, ist klar. Eigentlich schade, denn hätten die Gitarren mehr Durchsetzungsvermögen und mehr Dampf, dann wäre auch klanglich fast nichts dagegen zu sagen.
Ein wahrhaft interessantes Debüt einer noch blutjungen Band, die ihr volles Potential sicherlich erst noch richtig entfalten werden! Hört euch die Engländer auf Myspace an, und wenn Euch die Songs gefallen und ihr über den Klang hinweghören könnt: kaufen und die junge Band damit unterstützen!