Es scheint ihn doch noch zu geben, den vielerseits so hoch gelobten Underground für Deathmetal. Anders lässt sich eine Band wie ESTUARY wohl nicht erklären. Mit einer musikalischen Mischung, die eher an Mittneunziger erinnert, und die ich auch klanglich etwa dort anzusiedeln geneigt wäre, wird einem eine Scheibe um die Ohren gehauen, die niemand geringeres als John McEntee (Incantation) auf seinem eigenen Label Ibex Moon unter Vertrag genommen hat. Da muss doch was dahinter stecken.
Die Formation ist entgegen meiner ersten Vermutung gar nicht so alt. Gegründet wurde ESTUARY vor sechs Jahren in Cincinnati, Ohio. ‚The craft of contradiction’ ist bereits ihr zweites Fulllength-Album, und die restliche Zeit seit ihrer Gründung ist diese Band auf diversen Touren gewesen, unter anderem auch in Ost- und Westeuropa. Der Weg zum großen Erfolg führt nun mal über Bühnen.
Das, was da aus den Boxen schallt, klingt für mich in gewisser Weise vertraut, wenn auch nicht aktuell vertraut. Es dauert ein Weilchen, bis ich das alles seziert habe, aber dann liegen ein paar Bands zum Namedropping fein säuberlich aus dem Gesamtklang herausgeschnitten vor mir. Sepultura, Exhorder, Satyricon, und irgendwelcher Deathmetal. Wie ich das alles wieder zusammennähen will, muss ich wohl versehentlich Teile vertauscht haben, denn das neue Gesamtbild sieht wie Deicide´s Frühwerke aus. Ja, genau das ist dann wohl noch die fehlende Deathmetal-Komponente gewesen. ESTUARY klingen nämlich genau wie ein warmer Aufguss vom Deicide- oder Legion-Album.
Dazu kommt wohl noch, dass wir es hier mit der Band mit dem weltweit besten Atem zu tun haben, vorausgesetzt natürlich, es handelt sich um Mundwasser bei dem, was Frontfrau Zdenka Prado über die gesamte Länge durchgurgelt. Nicht gerade viel Attack in der Stimme, nur mittelmäßig ausdrucksstark, und definitiv null Flexibilität. Dafür aber kellertief, wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine Frau handelt.
ESTUARY hätten vor zehn bis fünfzehn Jahren sicherlich richtig groß was reißen können, heute interessiert zumindest mich aber nicht mehr wirklich, was sie da machen, denn diese Art Metal-Mischmasch ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr up to date. Wäre die Produktion der Scheibe wenigstens in einem aktuellen Soundgewand, so könnte man hier noch nach neuen Ansätzen suchen, aber auch da bewegt man sich auf einem Niveau, was vor fünfzehn Jahren als Überproduktion gehandelt worden wäre, heute aber nur etwas besser als Demoqualität rüberkommt.