Knorkator – Das Nächste Album Aller Zeiten

Vorhang auf für eine der amüsantesten, kompositorisch und gesanglich hochwertigsten, sympathischsten deutschsprachigen Bands, die derzeit zu kriegen ist. KNORKATOR sind wohl spätestens seit ihrem glorreichen Einzug in den Eurovision Song Contest – Vorentscheid hinlänglich bekannt, war doch dieser „skandalöse Auftritt“ lang und breit in diversen Medien zu verfolgen. Aber KNORKATOR haben weit mehr zu bieten, und es wäre eine Beleidigung, sie auf dieses eine Event zu reduzieren, und wer eher auf Volksmusik steht, kann ja auch mal ‚HighMudLeader‘ ein Ohr leihen und dabei schmunzeln, oder aber man setzt sich mal wieder mit einem schicken Buch in den Sessel und entspannt: hier wären ‚Des Wurzels Zweig‘ oder ‚Am Anfang war das am‘ zu empfehlen. Soviel zur Vorgeschichte, Grund für diese Zeilen ist schließlich die neue Platte mit dem stimmigen Titel „Das nächste Album aller Zeiten“.

Um die Musik von KNORKATOR zu beschreiben, bedarf es eigentlich nicht vieler Worte: Technometal mit HipHop-Ambitionen und stellenweise Koloraturgesang, verpackt in verschachtelte Rhythmiken, Hooklines, bratende Gitarren und viel Gespür für die richtige Melodie und den richtigen Harmoniewechsel. Dass dieses in seiner Genialität insgesamt eher schlicht wirkt, ist zwar nur schwer zu begreifen, wurde aber in oftmaligen Hördurchgängen mehrfach belegt. Dreh- und Angelpunkt ist bei KNORKATOR sowieso der Gesang, sowohl vom Text her als auch von der Darbietung desselbigen. Sei es nun geschrien, gesungen, erzählt, oder im mehrstimmigen Chorsatz vorgezwitschert, hier macht sich jemand Gedanken um die Zeilen, die er schreibt.

Betrachtet man die Inhalte, so wird schnell klar, dass KNORKATOR viel Selbstironie besitzen, denn auf ‚Das nächste Album aller Zeiten’ sind viele Stücke, in denen sie sich mit ihrer derzeitigen Situation beschäftigen, sei es in Bezug auf ihr Dasein als „Rockopas“ (‚Alter Mann’ / ‚Wir werden alle sterben’), oder in Bezug auf ihren kommerziellen Erfolg (‚Geld’ / ‚Für meine Fans’). Selbstverständlich fehlen auf dem Album aber auch die total sinnfreien Nummern nicht, die lediglich dazu dienen, die abstrusen Gedankengänge KNORKATORs zu verarbeiten, wie zum Beispiel eine Reise in den eigenen Körper, die mit einem triumphalen „Kopp im Arsch“ im Refrain zelebriert wird, oder der kleine Sprachkurs Französisch in dem Lied ‚Franz Hose’. Es sind nicht unbedingt geniale Texte, die dort zu vernehmen sind, aber zumindest die Idee ist mehr als genial.

Mit musikalischem Fachwissen herumprahlend könnte noch erwähnt werden, dass KNORKATOR sich in dem Song ‚Geld’ quasi an einer Hommage an Mozarts Requiem versuchen (mit Erfolg, ich habe es zwar nicht erkannt, aber zumindest meine Schwester), dass ‚Eigentum’ wohl rein musikalisch auch was für die EBM – DarkWave – Ecke wäre, und dass das ‚Lied vom Pferd’ auch als Angriff auf einen bestimmten Rammstein-Song betrachtet werden könnte, aber wer will hier schon prahlen…

Alles in allem bleibt zu sagen, dass KNORKATOR mit dieser Scheibe all meine Erwartungen zu Genüge erfüllt haben, ich sehnsüchtig auf das übernächste Album aller Zeiten warten kann und mir die Zeit bis dahin durch DVD-Betrachtungen, Konzertbesuche oder einfach CD-Konsum versüße. Danke, dass es euch in dieser so sehr auf Ernst ausgerichteten Genre-Ecke gibt. Und lieber Stumpen: wenn du letztes Jahr in Hildesheim die Augen aufgemacht hättest, wäre dir vielleicht der nicht ganz so dicke bartlose Mann neben dem DJ-Pult aufgefallen, was die Entstehung von ‚Für meine Fans’ ganz bestimmt maßgeblich beeinflusst hätte…

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