Dass „Victory“ mittlerweile keine reine Hardcore-Plattenfirma mehr ist, wissen wir. MOROS EROS sind da ein gutes Beispiel für die derzeitige Vielschichtigkeit des großen, manchmal als „böse“ betitelten Indie-Labels. Ja, man kann sogar behaupten, dass die Band allein eine eigene Schublade mit der Aufschrift „Alternativer, verschachtelter Tanzpopcore“ füllt. Nur für diejenigen, die gerne in Schubladen denken und sich vorstellen können, was damit gemeint sein könnte.
Nur leicht angezerrt klingen die Gitarren im oberen Tonspektrum, Bass und Schlagzeug bereiten einen sehr trocken produzierten Groove vor, der Gesang piept, krakeelt und kreischt eine Ohren schmerzende und nicht auf singalong angelegte Melodie, im Hintergrund spielt irgendein Tasteninstrument dissonante Klangfetzen. Herzlich willkommen, hier sind MOROS EROS. Noch im Jahre 2006 stand man ohne Plattendeal dar. Ein Jahr später können die vier Herren um Headman Zach Tipton Dank der Empfehlung von ALTERNATIVE PRESS zwei Alben auf „Victory“ vorweisen. Hier scheinen die Verantwortlichen sich vom musikalischen Idealismus leiten lassen zu haben, denn mit kommerziellen Ansprüchen ist die Verpflichtung von MOROS EROS kaum zu rechtfertigen. Zu sperrig, zu unvorhersehbar, zu schräg, zu schwer nachzuvollziehen, zu intellektuell. Eigentlich Qualitätsmerkmale, doch wie Michael Breuninger in seinem Review zum Debüt „I Saw The Devil Last Night And Now The Sun Shines Bright“ richtig abgemerkt hat, sind MOROS EROS Exoten. Und das Exotische bezieht seinen Reiz daraus, dass es eben nicht alltäglich ist, es die Ausnahme darstellt, es Ausdruck für etwas Besonderes ist. Insofern bleiben MOROS EROS mit ihren schrägen Popnummern reserviert für unvermittelt aufblitzende Bedürfnisse sich von der globalisierten Gleichschaltungswelt abzugrenzen, jedoch eben nicht für den Massenorgasmus einer Hot-Rotation oder für eine Ey-Alter-Spiel-mal-Hip-Hop-Oder-Nena-Pseudo-Abi-Party in Kleinkleckersdorf.
Natürlich müssen sich MOROS EROS die Frage gefallen lassen, wie gut ein Zweitwerk ein Jahr nach dem Debüt überhaupt sein kann und warum das Ganze überhaupt. Fakt ist, dass die Band ihren einst betretenen Pfad weiter verfolgt. Abschließend kann gesagt werden, dass die Auseinandersetzung mit MOROS EROS im oberen Anforderungsbereich liegt, denn die Band serviert auf „Jealous Me Was Killed By Curiosity“ einen ungewöhnlich klingenden Klang-Coktail, der allerdings schwerer im Magen liegt als Mamas Sonntagsbraten. Ohne sich über den Geschmack zu streiten: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihr Gehirn nach Ihrem IQ.