Gleißendes Licht umgibt mich, ein merkwürdiges Sausen erfüllt meine Ohren… Nein, das ist noch nicht der Beginn der Cd, so klingt Zeitreisen! Ich muss mich nämlich ein paar Jährchen in die Vergangenheit begeben, um ‚Red Light Rippers’ als zeitgenössische Musik verkaufen zu können. Alternativ kann ich natürlich auch im hier und jetzt bleiben und sagen: die Kanadier wurden zur falschen Zeit geboren.
‚Nobody likes a rat’ heißt die Scheibe (die mir erstaunlicherweise nicht als Promo-Vinyl zugestellt wurde), und der Titel ist Gesetz. ‚Red Light Rippers’ klingen nach einer Mischung aus ranzigem Rock´n´Roll und Haircrime-Metal. Als musikalische Erben von Guns ´n Roses sehen sie sich selbst, bzw. irgendwo in der Ecke, gleich neben Alice Cooper, ZZ Top, Van Halen… Na, dämmert´s? Genau, diese Bands haben alle folgendes gemein: sie spielen Gitarrenrock, und ihre Sternstunden sind schon lange vorbei. Zeitgemäße Musik schreibt sich anders, aber das ist den vier Herren egal. Sie legen mit altbackenen Blues- und Rock´n´Roll-Gitarrenriffs eine Scheibe vor, die so wahrscheinlich schon seit Jahren nicht mehr geschrieben wurde. Am ehesten mit neuzeitlichen Künstlern würde ich das ganze mit Lenny Kravitz vergleichen wollen, der ja auch dafür bekannt ist, sich bei seinen Gitarren-Ideen auf ein Minimum pro Song zu beschränken.
Auch die Aufnahmequalität klingt, wie die Songs selbst. Nicht gerade schlecht, aber halt auch nicht den heutigen Maßstäben angepasst. Was da aus den Boxen kommt, ist nicht differenziert genug, um radiotauglich zu sein, nicht kräftig genug, um einen umzuhauen, sondern klingt, als hätten ‚Red Light Rippers’ versucht, den Klang ihres Proberaums direkt ins Wohnzimmer zu transferieren. Das ist ihnen dann allerdings auch recht gut gelungen. Der Gesang von Frontmann Rip Skinner ist vorsichtig ausgedrückt gewöhnungsbedürftig, passt sich aber der Musik hervorragend an. Zu jedem Topf passt ein Deckel.
Bevor alle Welt denkt, das Album wäre schlecht: das ist es wahrlich nicht. Gegen Spieltechnik und Songwriting lässt sich soweit nichts sagen, für Ihr Metier einwandfrei. Mit ähnlichen Werken kann es absolut mithalten, aber die Titel klingen nun mal nach alten Songs. Als wäre die Scheibe seit 15 Jahren fertig, aber jetzt erst released worden.
‚Red Light Rippers’ stellen sich selbst in eine Randnische der Musikbranche, wo sie so schnell nicht vertrieben werden können, da schlichtweg die Konkurrenz fehlt. Dadurch limitieren sie aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch auch im Vorfeld schon ihr Publikum. Alte ‚Motorradrocker’ (man möge mir diesen Begriff verzeihen, es ist keinesfalls abwertend gemeint) werden das Album lieben, ebenso wie Rock`n`Roller, die Axl Rose nachtrauern und immer noch auf eine Re-Union der Guns´n´Roses warten.
Alle anderen werden aber eher verwirrt vor dem Album stehen und wenig bis nichts damit anzufangen wissen. Wer sich hiernach nichts darunter vorstellen kann, sollte ruhig mal bei Myspace vorbeischauen, wo man sich satte vier Songs der Scheibe anhören kann. Wer aber schon von dem Begriff „Rock´n´Roll“ abgeschreckt wird, sollte einen weiten Bogen um die ‚Red Light Rippers’ machen.