Hardrock ist noch nicht tot, aber er ist mittlerweile doch etwas in die Jahre gekommen. THE CASANOVAS sitzen irgendwo zwischen den Stühlen zwischen Altpunk, Rock und Hardrock. Sie machen ihre Sache technisch recht ordentlich, sind aber in etwa so innovativ wie das dreihundertste AC/DC-Album oder die fünfhundertste KISS-Coverband. Auch leichte Anleihen bei den schon fast in Vergessenheit geratenen Guns´n´Roses sind zu erkennen. Nun gut, wenn ich mein Vieh auf seit fünfzig Jahren abgegraste Weiden schicke, muss ich mich nicht wundern, wenn die Milch nur noch ranzig ist.
Mit diesem Makel scheinen THE CASANOVAS allerdings recht gut leben zu können, und es gibt ja Leute, die nach altbewährtem in Neuauflage suchen und sich musikalisch nicht an neue Dinge gewöhnen wollen, und somit rocken sich die Herren auf ihrer neuen CD ‚All Night Long’ über elf Songs die Seelen aus dem Leib. Das Soundgewand ist dick, allerdings auch nicht sehr anspruchsvoll. Einen kräftigen Mittachzigersound geben die Gitarren von sich, Schlagzeug und Bass sorgen für ein gelungenes Fundament, und im Zentrum steht der Gesang von Gitarrist Tommy Boyce und Basser Damo Campbell.
Ab und an wird dann fröhlich gast-bzw. studiogemusikert, anders lassen sich Klavier, Trompeten, etc. wohl nicht erklären, und es stellt sich die Frage, wie der Dreier die Energie der Songs live umsetzen will, ohne noch ein komplettes Orchester in der Hinterhand zu haben. Das Songwriting von THE CASANOVAS stammt nicht aus einer einzigen Feder. Jeder darf seine Ideen zu den Sachen beisteuern, allerdings sind die Songs wie bereits angedeutet schon im Vorfeld inhaltlich ausgelutscht.
Man kann das Rad nicht neu erfinden. THE CASANOVAS versuchen dies auf ‚All Night Long’ auch nicht, sondern liefern ein solides Album ohne große Schnörkel ab, dafür aber mit ein paar Ecken und Kanten, die das ganze recht charmant gestalten. Ungeachtet der Tatsache, dass der Rock der Scheibe wirklich ins Ohr geht und zumindest den Fuß zum Mitwippen bewegt, muss schlicht und ergreifend mit Bedauern festgestellt werden, dass das Album leider etwa fünfzehn Jahre zu spät kommt, um wirklich Aufsehen zu erregen. Trotz all ihrer sonstigen Retro-Trends haben THE CASANOVAS Myspace für sich entdeckt, und dort kann man natürlich gerne in die neue Scheibe reinlauschen!