Habt ihr mal wieder Bock, euch nicht nur berieseln zu lassen, sondern mit einem Album zu beschäftigen? Euch vielschichtige Klangbögen anzuhören, die sich bei jedem Durchlauf mehr erschließen und trotzdem die ganze Zeit versuchen, sich ein wenig zu sperren? Dann habt ihr mit THE JUNIOR VARSITY mitten ins Schwarze getroffen.
Die Independent-Rocker aus Illinois sollten mit ihrem neuen Werk ‚Cinematographic’ ganz getreu nach dem Coverdesign in der Lage sein, euch mit nettem Kopfkino zu erfreuen. Was die Scheibe ausmacht, ist der Tiefgang und Pathos, den sie zu erschaffen vermag. Seichte Gitarrenriffs, zerbrechliche Melodien, technisch sauberer, aber trotzdem irgendwie verzweifelt klingender Gesang, getragene Schlagzeugbeats, die jederzeit durch technische Raffinessen zu überraschen wissen. Schwer zu kategorisieren ist die Musik, die sie machen… Eine Spur The Police, ein wenig Billy Talent, Bayside, aber auch der Gitarreneffekt aus Soundgardens ‚Black hole sun’ scheint es ihnen angetan zu haben…
Die glasklare und an den nötigen Stellen extrem fette Produktion beschert an vielen Stellen gelungene Dynamikwechsel, von aufbrausend laut zu hauchzart. Ein wenig irritierend sind lediglich die Passagen, in denen THE JUNIOR VARSITY versuchen, unbeschwert und fröhlich zu klingen, denn das steht ihnen nicht besonders gut zu Gesicht… Wie dem auch sein, glücklicherweise unternehmen sie diesen Versuch nicht allzu häufig und experimentieren dann schon lieber mal mit Streichern und Bläsern als Begleitinstrumente. Richtig nach vorne geht die Geschichte immer dann, wenn die Songs kraftvoll losrocken wie etwa in ‚Lungs’ oder ‚The Sky’.
Mit ‚Memory Made Easy’ findet sich ein Akkustik-Instrumental mit Streichern auf der Scheibe, das wohl genauso gut in einem Lehrbuch für Instrumentalsongs stehen könnte. Auch die restlichen, eher sperrigen Songs fordern das Gehör zum Arbeiten auf, aber wer auf ‚Cinematographic’ nach Singalongs sucht, der kann dies lange tun. Auch für ein waschechtes Rockkonzert kann man sich THE JUNIOR VARSITY eher schwer vorstellen, denn wie schon mehrfach erwähnt, das ist Musik zum Zuhören, nicht zum Berieseln lassen. Eine hochkarätige Scheibe, die viele CD-Sammlungen bereichern dürfte, wer aber nur Sachen zum Mitsingen oder in der Zappelbude abfeiern sucht, der sollte sich lieber einmal die beiden aktuellen Nummern auf Myspace anhören, um nicht hinterher enttäuscht zu sein.