Tool – 10.000 Days

Wer kann schon eine Kritik über den Unterhaltungswert oder Actiongehalt eines Reiseführers oder eines Kochbuches oder ähnliches schreiben? Ähnliches trifft bei Tool zu. Was hier geboten wird, ist nur schwer in Worte zu fassen, das Niveau, auf dem hier Musik gemacht und komponiert wird, ist einfach nur vorbildhaft und lehrbuchmäßig. Die mehrfach Platin-geschädigten Musiker haben sich nach fünf Jahren Abstinenz wieder zusammengesetzt, um ein (so prognostiziere ich jetzt) weiteres Platin-Album zu veröffentlichen. Die Perfektion, mit der Tool arbeiten, zeigt sich bereits bei der Verpackung: geboten wird ein 15mm dickes Digipack mit eingebauter Brille, mit der man sich dann den Inhalt des Booklets in 3D-Optik anschauen kann… Wahnsinn, dass so etwas noch geboten wird, ohne die erträgliche Preisgrenze zu sprengen. Wer das Vorgänger-Album Lateralus kennt, weiß, dass Tool sich bei der Aufmachung ihrer CD nicht zum ersten mal richtig ins Zeug legen, denn damals gab es ein Booklet auf Foliendruck, der als eine Art „Anatomieführer“ betrachtet werden konnte. Zurück zum Wesentlichen: Tool sind ihrer Linie treu geblieben und spielen atmosphärischen düsteren Progressiv-Rock. Nun funktioniert ein Tool-Album nicht wie jede herkömmliche CD, dass man die einzelnen Songs nach typischen Kriterien einordnen könnte wie Ballade, Rocksong, Mitsingstück, etc., sondern eine Tool-CD muss als Gesamtkunstwerk verstanden werden. Die Songs überschreiten teilweise eine Länge von 10 Minuten und sind daher immer von Allem ein bisschen, aber immer auch ein bisschen anders als alles andere, und wenn ich mich denn für Anspieltipps entscheiden müsste, um ein repräsentatives Bild von Tool zu zeigen, so würde ich den Opener „Vicarious“ oder „The Pot“ wählen. Getragen wird die Musik von der charismatischen Stimme von Frontmann Maynard James Keenan, die über dem Klangteppich aus Schlagzeug, Gitarre und Bass schwebt und einen von der ersten bis zur letzten Sekunde in Ihren Bann schlägt. Tool lassen es in der Regel recht langsam und ruhig angehen, aber wenn sie dann mal zur Sache kommen, dann auf eine Art und Weise, die sich nur schlecht beschreiben lässt. Alles, was Tool tun, hat einen Sinn, der sich erst am Schluss einer jeden Passage bis ins kleinste Detail erschließt.Wie für jede andere Band so gilt auch für Tool, dass man über Geschmack bekanntlich geteilter Meinung sein kann, nicht aber alltäglich ist, dass eine Band in Bezug auf ihre kompositorischen Fähigkeiten und die Begabung, Stimmungen mit Hilfe von Musik zu erzeugen, über jeden Zweifel erhaben ist. Für Fans der letzte zwei Alben ein Pflichtkauf, und wer musikalisch allem Neuen gegenüber aufgeschlossen ist, sollte ruhig mal in die CD reinhören und ihr etwas Zeit geben, sich zu entfalten. Ein musikalischer Meilenstein.

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