Polar Bear Club – Chasing Hamburg

An den Landungsbrücken raus, dieses Bild verdient Applaus. POLAR BEAR CLUB sind wieder angekommen in Europa und haben erneut richtig gute Musik im Gepäck. Mit ihrer Mischung aus 90er-Jahre-Punk und Hardcore sowie dem alternativen Stil der 2000er kreieren sie auch auf ihrem zweiten Longplayer einen Sound, der schnell erkennen lässt, warum Alternative Press den Vorgänger zu einem der wichtigsten Alben 2008 gekürt hat.

Beim ersten Lesen des Plattennamens kam die Befürchtung auf, „Chasing Hamburg“ sei ein Konzertmitschnitt aus der Hansestadt, der während der gemeinsamen Tour mit GASLIGHT ANTHEM entstanden wäre, doch der Umstand, dass das Vorgängeralbum „Sometimes Things Just Disappear“ in den USA bedeutend früher veröffentlicht wurde als hierzulande, beschert uns innerhalb eines Jahres gleich zwei tolle Alben dieser zuletzt viel gelobten Posthardcore-Band aus Syracuse im US-Bundesstaat New York.

Vor dem ersten Full-length nahm das Quartett die EP „The Redder, The Better“ auf, bevor mit „…Disappear“ auf dem Label Red Leader die Scheibe entstand, die dafür sorgte, dass man Jobs kündigte und andere Lebensplanungen auf Eis legte, um sich voll und ganz dem neuen Baby PBC zu widmen, auch wenn die Zukunft ungewiss, weil stark erfolgsabhängig gewesen ist. Immer mehr Konzerte und positive Reaktionen führten bei PBC zu immer lukrativeren Support-Möglichkeiten, etwa CRIME IN STEREO, BROADWAY CALLS, AMERICAN STEEL, A WILHELM SCREAM und natürlich besonders die bereits oben erwähnten GASLIGHT ANTHEM, die dem Polarbär zu den größten Shows und so zu erhöhter Aufmerksamkeit in Europa verholfen haben. Zu diesem Zeitpunkt war der Labelwechsel zu Bridge Nine längst vollzogen – und die Bostoner Vorzeige-Plattenfirma um Chris Wrenn bewies wieder einmal Mut und Weitsicht, eine Band jenseits des sonst üblichen Hardcore-Segments zu verpflichten.

„Chasing Hamburg“ setzt in den Bereichen Songwriting und Sound nahtlos am bisherigen Programm an. Ein kraftvolles Gitarrenriffing gepaart mit verspielten Licks, dazu ein präzis agierender Bass und ein unaufgeregtes Schlagzeug geben den zehn im Midtempo-Bereich angesiedelten Stücken ihre Kontur, während der raubeinige und stellenweise geschrieene, aber nie unmelodische Gesang von Frontman Jimmy der Jagd nach Hamburg ihren unverkennbaren Charme verpasst und dabei positiv an HOT WATER MUSIC oder TRIBUTE TO NOTHING erinnert. Doch so sehr ich PBC in diesem Jahr lieben gelernt habe und die allgemeine Hochstimmung verstehen kann, muss auch ich einigen Kritikern zugestehen, dass auch auf „Chasing Hamburg“ die großen Ausnahmesongs, die aus der allzeit guten Masse markant hervorstechen, fehlen. Der Funktion eines Leuchtfeuers kommt jedoch das sehr agile „Living Saints“ nahe, welches vorab mit zwei guten Non-Album-Tracks als Download-EP „The Summer Of George“ veröffentlicht wurde.

Ansonsten besticht das neue Opus als ästhetisches Gesamtkonzept. Hierzu trägt auch das wie beim Vorgänger ansprechende Layout bei, und wer etwas auf sich hält, sollte sich überlegen sich die Vinyl-Variante samt digitalem Upgrade zuzulegen, zumal Bridge Nine für liebevolle und aufwendig gestaltete Schallplatten-Versionen zum erträglichen Preis bekannt ist.

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