Um es deutlich zu sagen: Ich habe mich auf dieses Album richtig gefreut. Und meine Erwartungen waren für ein Fat-Album sehr hoch. Doch auch nach dem x-ten Hören bin ich immer noch ein wenig verwirrt. Lange wusste ich nicht, ob ich das neue Opus von DEAD TO ME grandios oder voll daneben finden soll.
Zugegebener Weise wurde das Debüt „Cuban Ballerina“ von mir seinerzeit stiefmütterlich behandelt. Erst später entdeckte ich seine Schönheit. Umso mehr war ich von der letztjährigen EP „Little Brother“ begeistert. Ich zitiere spaßeshalber einmal aus meiner eigenen Rezension: „Was Jack (Ex-ONE MAN ARMY) und Chicken (Fat-Mailorder-Wizard) hier hingezaubert haben, animiert zum Tanzen und Feiern, lässt die herbstlichen Regentage vergessen und tröstet über die derzeit viel zu früh einbrechende Dunkelheit hinweg, wirft jedoch auch das verzweifelte Nachfragen auf, warum es kein ganzes Album zum Genießen gibt…denn die Formkurve der Band steigt mit diesem Kleinwerk klar nach oben.“
Ein Jahr später. Das Wetter ist das gleiche. Nur die Band scheint irgendwie ausgewechselt. Die CD wandert in mein Autoradio, das erste Stück „X“ ertönt. Eine Reggae-Nummer, die sich nicht entscheiden kann, ob sie Intro oder vollwertiges Stück sein will. Mein Bruder auf dem Beifahrersitz, dem ich das Trio vorm Einsteigen groß angepriesen habe, rümpft die Nase und behauptet, das Bass-Riff erinnere ihn an den zum Fußballgegröle verkommenen Song von THE WHITE STRIPES. Hmm. Das rockige „Modern Muse“, vorher bereits als Download erhältlich, ist der eigentliche Startschuss, gefolgt vom knackigen Punkrocker „Nothing running through my brain“. Beide Songs gefallen und bieten songtechnisch Anknüpfungspunkte zu den vorangegangenen Releases, doch immer noch stört mich etwas, ich weiß nicht was. Die nächsten Songs plätschern ein wenig vor sich hin, bis es auf einmal bei mir klick macht, ich unweigerlich aufhorche und bei einer Textzeile hängen bleibe, die musikalisch so simpel, aber doch so genial eingemantelt ist, dass auch der stärkste Sturm sie nicht mehr aus meinem Gehirn herauspusten kann: „A cruel world, a cruel, cruel world“. Und tatsächlich meine ich begriffen zu haben, wie „African Elephants“ funktioniert!
Zurück zum Start gedrückt überspringe ich diesmal „X“, der mir wirklich nicht gefällt, und beginne bei Track 2 meine Reise erneut: Die Gitarren, nur leicht angezerrt, ja fast clean. Der Bass, wenig bedrohlich oder rollend, aber dennoch Fundament legend. Das Schlagzeug, sehr unaufgeregt, keine peitschende Snare oder wummernde Base. Der Gesang, klar im Vordergrund, nicht immer ganz gerade. Und auf einmal habe ich das Gefühl, DEAD TO ME würden gerade proben und ich stünde dabei. Sie sind mir ganz nah. Kein großer Heckmeck, alles ganz spartanisch. Ich denke plötzlich an THE CLASH und bin der Meinung, die Jungs hätten im letzten Jahr kein anderes Album als „London Calling“ gehört, als sie schon „A day without a war“ anstimmen und sich ein Lächeln auf meine Lippen legt, da ich meine These bestätigt sehe. Auf einmal gucken die RAMONES um die Ecke und DTM intonieren „Liebe Liese“ (soll das wirklich das heißen, was ich als Deutscher hier lese?), bis schließlich wieder dieses tolle „Cruel, cruel world“ in meine Ohren kriecht und ich auf einmal Lust habe, im Anschluss TOMTE zu hören, obwohl ich nicht davon ausgehe, dass DTM Thees und seine Kumpel aus Hamburg kennen.
Ab diesem Zeitpunkt hatte ich beschlossen, „African Elephants“ gut finden zu wollen. Und bei jedem Durchlauf entdeckte ich mehr Songs, die die LP zu einem Kleinod werden ließen, etwa das leider viel zu kurze „I dare you“ oder das charmant-lässige „Tierra del Fuego“. Und immer wieder diese drei Worte: „A cruel world, a cruel, cruel world“. Ach, ist die Welt schön 🙂