Eigentlich spricht die lange Tracklist für sich, ein Review ist mehr oder weniger überflüssig. Und doch lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, hier einige Zeilen zu füllen. Dafür habe ich eine zu innige Beziehung zum Label von NOFX-Guru Mike Burkett alias Fat Mike.
Hätte mich die CD-Box einige Wochen vorher erreicht, ich hätte mich nicht auf die Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für meinen Bruder begeben müssen, ich hätte ihm einfach dieses Werk in die Hand gedrückt, denn ich hätte nichts verpasst, soll heißen: die meisten Stücke auf dieser Kompilation besitze ich ohnehin. Dennoch gehe ich nicht so weit, dass „Wrecktrospective“ mir wertvollen CD-Lagerplatz wegnimmt, denn das Bemerkenswerte an dieser Zusammenstellung ist weniger die Musik, sondern die Geschichte hinter ihr. Wer kann schon behaupten, wenn er das beigelegte Poster mit sämtlichen Covern aller veröffentlichten Scheiben auf Fat ausfaltet, dass er schon die allerersten Platten Zeit ihres Erscheinens gekauft hat, „The longest Line“ und „Duh!“, „How to clean everything“ und „The daily Grind“, „Another Day in Paradise“ oder „Don´t turn away“. Gleiches gilt für viele 7Inches. Ein Blick auf diese Ansammlung ist eine Reise durch die eigene musikalische Sozialisation der letzten 20 Jahre.
Und so teile ich diese Geschichte mit Fat Mike, der Auskunft darüber gibt, wie er das Label 1990 mit Hilfe eines 20.000 $ Darlehens, für das sein kürzlich verstorbener Vater mit unterzeichnen musste, gegründet hat; das er lange zusammen mit seiner Frau Erin aus der heimischen Küche geleitet hat; das lange brauchte, um überhaupt Gewinn abzuwerfen; das den meisten Musikern eine Familie war bzw. ist und ihnen erlaubte, ihre Jobs zu kündigen und allein von der Musik zu leben; das nur dazu da war, Musik zu veröffentlichen, die Fat Mike auch liebte…also Punkrock. Eine Maxime, die bestehen bleibt, auch wenn die rosigen Zeiten – auch aufgrund der Möglichkeiten des Internets mit seinen illegalen Downloads – vorerst vorbei zu sein scheinen und manch Mitarbeiter entlassen werden oder einen normalen Job annehmen musste. Ebenso kurzweilig lesen sich die Berichte der Bands darüber, wie sie auf Fat gelandet sind.
Musikalisch bietet die erste CD (Tracks 1-33) ein mehr oder weniger Best-Of-Programm des Labels. Alle wichtigen Bands sind vertreten und auch die Songgauswahl ist gut. Disc 2 (Tracks 34-61) beinhaltet Demo-Aufnahmen aus den ganzen letzten 20 Jahren. Für Extremsammler mag das ein Kaufanreiz sein, für mich ist dies der eher verzichtbare Teil des vorliegenden Werkes. Zuletzt auf CD 3 (Tracks 62-88) das eigentliche Highlight, denn hier bekommt der Käufer die komplette 7Inch-Club-Serie in digitaler Form serviert, darunter Perlen wie „Antidote“ von STRIKE ANYWHERE, „Lost Motel“ von STRUNG OUT, „Zyklone B Bathhouse“ von NOFX oder „New Religion Everyday“ von AMERICAN STEEL.
„Wrechtrospective“ ist ein würdiges Geschenk zum 20. Geburtstag, sowohl für das Label als auch für die Fans. Ich freue mich schon auf die Edition zum 50.