Jesse Malin – Love it to life

Es gibt in der modernen Rockmusik diese überhörbare Tendenz, aus dem Alten das Neue zu schaffen. Früher haben alle mal in Hardcore- und Punk-Bands gespielt, bis man sich darauf besann, Musik zu machen. Weg mit der runtergestimmten, schneidenden Gitarre, her mit der Akustik-Klampfe. Und in diesem neuen Selbstfindungsprozess erinnerte man sich an die Musik, die zu Kinderzeiten im Radio lief. Unweigerlich kommen viele Amerikaner zum kleinsten gemeinsamen Nenner: BRUCE SPRINGSTEEN.

Egal wo, dieser neue Stil des Americana, diese Boss-Zitate, das ist vom Atlantik bis zum Pazifik zur Zeit mehr als en vogue. Man denke hier nur an THE GASLIGHT ANTHEM, THE LOVED ONES oder FRANK TURNER (auch wenn dieser Brite ist). Jesse Malin, einst Sänger des Hardcore-Trios HEART ATTACK und später bei den Glam-Punks D GENERATION aktiv, passt mit seinem vierten Album „Love It To Live“klar in diese Reihung. Besonders ist neuerdings jedoch, dass er durch Schlagzeuger Randy Schrager, Gitarrist Matt Hogan und Bassist/DJ Tommy USA das erste Mal durch eine richtige Band in seiner Solokarriere unterstützt wird: THE ST. MARKS SOCIAL. Was sich stark nach Kirchenchor anhört, hat immer wieder offene Türen für Malins musikalischen Freundeskreis, etwa Ryan Adams, Mandy Moore oder Brian Fallon.

In den zehn von Ted Hutt (FLOGGING MOLLY, THE GASLIGHT ANTHEM) produzierten Stücken auf „Love It To Live“ – der Titel stammt von einem Konzertkarten-Abriss, den Joe Strummer einst für Malin signierte – offenbart sich diese eingängige und in ihrer Einfachheit bewundernswerte Mischung aus Folk, Punk und Rock, mal lauter und sich aufdrängend wie in „All The Way From Moscow“ und „Black Boombox“, bisweilen nachdenklich wie in „The Archer“, dann wieder tanzend wie in „Disco Ghetto“.

Für Jesse Malin ist Rock´n´Roll ein Exorzismus, der jeden Abend beginne, wenn die Sonne untergehe, die Musik zu spielen anfinge und die kreativen Geister sich entfalten würden. Wir wollen hoffen, dass er auf seine Art und Weise nach viele Dämonen austreiben kann. Grundweg sympathisches Album, das durchaus hätte länger sein können.

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