„Disco sucks!“ Solch einen Aufkleber hatte Homer Simpson in jüngeren Jahren auf der Stoßstange seines Autos. Einige werden ihm zugestimmt haben, andere – vor allen Dingen Disco Stu – hingegen sehen das grundsätzlich anders. Nun ist ein Tanzlokal an sich keine verwerfliche Sache, wohl aber oft die im Inneren gespielte Musik. Die Erste Finnische Disco Vereinigung hat sich jedoch auf die Fahnen geschrieben, diesen Umstand zu ändern und geht mit ihrem Inselwissen zum vierten Mal gegen den schlechten Geschmack vor.
Nach den sowohl kommerziell erfolgreichen und von Kritikern gelobten Alben „Viper Ethics“ (2003), „First Aid Kit“ (2005) und „Magic Recoveries“ (2008) liegt nun mit „The Island of Disco Ensemble“ das sehnsüchtig erwartete Viertwerk von Miika Koivisto, Jussi Ylikoski, Mikko Hakila und Lasse Lindfors vor. Dabei wurden die neuen zehn Stücke als Novum für die Band diesmal ausschließlich in Finnland während des letzten Winters von Lasse Kurki produziert, aufgenommen, gemischt und gemastert.
Auch auf ihrer neuen LP präsentieren sich DISCO ENSEMBLE einmal mehr als Produzenten moderner – und wie es der Bandname schon andeutet – äußerst tanzbarer Rockmusik independenter Färbung, die ihr rockiges Grundgerüst durch zahlreiche elektronische Spielereien und Geräuschmalereien auflockern und darüber hinaus ihre Songs mit einem hohen Wiedererkennungsgrad ausstatten, ohne dass diese zwangsweise kommerziell klingen würden. Schon die schwungvoll eröffnende Trilogie „Bay of Biscay“, „Pitch Black Cloud“ sowie die Single „White Flag for Peace“ zeugt von diesem beneidenswerten Songwriting, welches klar voneinander trennbare Fragmente zu einem einheitlichen Song zusammenfließen lässt – ausgestattet mit Rhythmen und Chören, die gleichermaßen zum Tanzen und Mitsingen einladen, wobei mit „Protector“ und „Get some sleep“ auch gelungene ruhigere Stücke zu finden sind, die Zeit zum Verschnaufen gewähren, jedoch in ihrer Schönheit weit davon entfernt sind, Füller zu sein. Dieses Prinzip manifestiert sich auf anhörbare Weise im Doppel-Song „Semi Eternal Flame / Undo“.
Im Gegensatz zu den Vorgängern zeigen sich DISCO ENSEMBLE befreit von den einstigen Versuchen, irgendwie auch Screamo sein zu müssen oder zu wollen, und geben sich auf „The Island of…“ voll und ganz der Melodie hin. Hierbei vollenden sie mit unnachahmlicher Präzision und meiner Bewunderung den Drahtseilakt zwischen dem Rock BILLY TALENTs und der elektronischen Experimentierfreude CRIME IN STEREOs. Definitiv ein Pflichtalbum für 2010.