Sondaschule – Von A bis B

Die Schüler der SONDASCHULE versuchten im wiederholten Anlauf, ihren Hauptschulabschluss im Fachbereich Fun-Ska-Punk abzulegen, haben dafür in der letzten Zeit ordentlich das Curriculum gebüffelt, sich vielschichtige Kompetenzen angeeignet, ein den Erwartungen der Fans entsprechendes Arbeitsverhalten an den Tag gelegt und den nun anstehenden Vortrag ordentlich strukturiert. Allerdings denken sie in diesem ganzen Stress nur von A bis B und vergessen daher, dass es mit C weitergeht.

Die vielköpfige Schulklasse aus dem Ruhrpott hat sich Großes vorgenommen und probt schon einmal für die Ära nach den Ärzten und den HOSEN, die seit gefühlten Ewigkeiten den Sonnenplatz des deutschsprachigen Punks – bei ganz weiter Definition – besetzen. Doch angesichts der Alternative SONDASCHULE bleibe ich lieber bei der alten Schule. Ohnehin muss ich gestehen, dass ich von vornherein skeptisch gewesen bin. Für jemanden, der Anfang der 90er durch den Punkrock aus Kalifornien geprägt wurde, sind deutschsprachige Bands mit solchen Namen wie SONDASCHULE mit Vorsicht zu genießen – zu viele fragwürdige Vertreter sind mir bis dato untergekommen. Jedoch wäre es unfair, meinen Vorurteilen freien Raum zu geben und die Jungs im Vorfeld abzuqualifizieren. Insofern hier meine Begründung, weshalb ich die Versetzung und somit den Erfolg der SONDASCHULE für mich persönlich in Frage stelle:

Schlechtes Sozialverhalten: Das erste Stück beginnt locker und fröhlich, geht sofort in Ohr und Bein, bis ich mir Gedanken darüber mache, wer denn überhaupt dieser Herbert sein soll, der hier das Maul halten soll, und schließlich wird klar, dass Grönemeyer gemeint ist. Gut, man muss nicht Fan seiner Musik sein, aber gleich so krass gegen ihn wettern? Das grenzt vielleicht doch ein wenig an Anmaßung. Und genau diese taucht später in „Nur weil ich dich mag“ wieder auf, in dem sich über die neuere Hamburger Schule um KETTCAR und TOMTE lustig gemacht wird. Um diese Spitze gegen Wiebusch und Uhlmann noch zu schärfen, orientiert sich die SONDASCHULE hier am Songwriting der Hansestädter, ohne allerdings diese zu erreichen.

Probleme in der Produktion aussagekräftiger Texte: Nach dem ersten Song also bleibt schon ein Fragezeichen neben der Kompetenz der Textproduktion stehen, denn auch wenn musikalisch noch alles im grünen Bereich ist, neigt Klassensprecher Costa doch dazu, auf Teufel komm raus reimen zu wollen. Ohne es hier ausführlich an einem Beispiel darbieten zu wollen, ziehen sich lyrische Peinlichkeiten und Belanglosigkeiten durch das ganze Album. Oft bewegt sich dies auf einer Ebene mit den FLIPPERS.

Defizite in den Arrangements zeigen sich bereits im zweiten Stück „Kleine Pillen“. Die im Text vermittelte Vorstellung, dass es gegen alles die nötige Dröhnung gebe, wird musikalisch durch eine schwermütige Strophe und einen fröhlichen Ska-Refrain ausgedrückt, allerdings wirkt das dann an den Gelenkstellen sehr künstlich zusammengesteckt. Insofern zweites rotes Fragezeichen am Heftrand. Und das dritte verpasse ich der SONDASCHULE im Bereich der Selbstwahrnehmung: In „Lied für mich“ – musikalisch sehr nah an den Ärzten – wird betont, in Zukunft werde man alle Songs so gestalten, wie die Kritiker es möchten, doch dieser eine Song bliebe jetzt so. Selbstbewusstsein und musikalische Freiheit in allen Ehren, aber dann ist es schließlich auch egal, was ich hier schreibe, ob es jemand liest, wann dieser Beitrag veröffentlicht wird, undsoweiterundsofort. Insofern Schluss hier. Aber halt! „Strand im Ruhrgebiet“ ist ein echt toller Song, richtig niedlich, den habe ich sehr oft gehört, sehr zu empfehlen. Musikalisch und textlich perfekt aufeinander abgestimmt. Aber das rettet nun die Platte auch nicht mehr.

Man kann sich vorwärts mit und rückwärts in der Diskographie einer Band bewegen. Mein Erstkontakt mit der SONDASCHULE hat jedoch nicht dazu geführt, dass ich mir die Vorgänger-Alben zulegen will oder ich mich auf die Auftritte im Festival-Sommer freue. Höre ich doch lieber BAD RELIGION, LESS THAN JAKE und GASLIGHT ANTHEM.

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