Es gibt fast nichts Schöneres, wenn die ersten Töne und Takte aus den Boxen kriechen und alle Anwesenden sofort wissen, um welche Band mit welchem Song es sich handelt, man gemeinsam beginnt mitzusingen, zu nicken oder mit dem Fuß zu wippen – ja fast gedankenverloren und einem Automatismus gleich – und sich zur Tanzfläche begibt. Leg „Highway to hell“ oder „Killing in the name of“, „Smells like teen spirit“ oder „Sunday bloody Sunday“ auf und bei entsprechendem Publikum hast du den Sieg auf deiner Seite. Das Einzige, was noch schöner ist? Wenn man eine Band für sich persönlich entdeckt, die weit davon entfernt ist, obige Kriterien zu erfüllen. Eine Band, die einen in den ersten Hörmomenten verzaubert und die einen vor die Zwickmühle stellt, aller Welt von ihr zu erzählen oder sie geheim zu halten, sie in der hintersten und persönlichsten Ecke des Herzens zu verstecken, für Momente, die nur einem selbst und einigen vertrauten Menschen gehören. METROPLEX sind genau solch eine Band. Jedoch habe ich mich dazu entschieden, euch von ihr zu erzählen.
Das Trio aus Philadelphia veröffentlicht mit „Decade Diary“ sein Zweitwerk. Bereits seit acht Jahren arbeiteten Gitarrist Matt Hanemann und Bassist bzw. Sänger Jack Kerrigan zusammen, als sie sich 2001 mit Schlagzeuger Fred Bohlander zusammenschlossen und fortan zu dritt am Sound von METROPLEX feilten. In dieser Zeit schielten sie auf den Emo der 90er, auf TEXAS IS THE REASON und SAMIAM, auf JAWBREAKER und deren Epigonen JETS TO BRAZIL, auf den Posthardcore von QUICKSAND und FUGAZI, das Leiden von THURSDAY und GRADE, das Raue von LEATHERFACE und HOT WATER MUSIC, den Pop von THE POLICE, THE PIXIES und THE CURE.
„Decade Diary“ fast diese Jahre zu einem Kunstwerk moderner alternativer Musik in zwölf Stücken zusammen, welche weitestgehend im Midtempo-Bereich angesiedelt eher ein Gesamtbild darstellen, als dass einzelne Songs weit hervorstechen würden – was neben einer Kritik ebenso als Lob für die hohe Qualität der Stücke verstanden werden kann.
METROPLEX laden ebenso zum Zuhören ein wie zum Tanzen, zur rationalen Analyse der vielschichtigen Tonspuren wie zur emotionalen Rezeption der Klangteppiche. METROPLEX passen in keine Schublade und nie werden Menschenmassen ihretwegen in Ekstase verfallen und sich so verhalten wie eingangs für wahre große Songs beschrieben, doch sie sind von nun an ein musikalisches Kleinod in meiner Sammlung und haben meine Bewunderung verdient.
Interessierte sollten unbedingt in „Decade Diary“ reinhören und sich dann für ein gängiges Format entscheiden. Hier kann ich natürlich nur das Doppelvinyl in Rot und Blau im Gatefold empfehlen, zumal der Download-Code noch zwei Bonus-Tracks verspricht. Tolles Album in toller Verpackung!