2005 stieß ich das erste mal auf diese finnische Band. Disco Ensemble tourten mit ihrem Album „First Aid Kid“ auf der ProPunkrocker Tour durch Deutschlands kleinere Clubs. In Deutschland war dieses – ihr zweites – Album nicht auf dem Markt. Ihre Entwicklung nahm gerade Fahrt auf: Universal nahm Disco Ensemble bei Vertigo unter Vertrag und brachte „First Aid Kid“ auch in Deutschland raus. Das folgende Album „Magic Recoveries“ erschien auf dem selben Weg und verhalf der Band zu einem breiten Publikum. Ich würde sagen: immer im Schatten des Mainstreams. Touren mit den Linkin Park und den Donots stärken ihre Position. In Finnland sind sie eine Top10 Band, hier scheinen sie ihren Platz als Presseliebling und dauertourende Top-Underground gefunden zu haben.
Ihr aktuelles Album „The Island Of Disco Ensemble“ ist seit Mai raus und natürlich bei den anwesenden Fans der Band angekommen. Anfangs wirkt das Musikzentrum arg leer. Als die Band die Bühne betritt kann man (und sie selbst) halbwegs beruhigt sein: Der Laden ist wenigstens halbvoll. Bei gesalzenen Ticketpreisen ist klar, dass nur wirkliche Disco Ensemble Fans vor Ort sind. Diese, von denen es einen passablen Stamm gibt, die aber die einzigen sind die leugnen würden, dass DE eine dieser Bands sind, denen der emotionale Aspekt fehlt, der sie zu einer Herzensband macht. Wenn man sich an Bands wie Ignite erinnert, wie ihr Konzert an exakt der selben Stelle aussah, wird das um so deutlicher.
Dabei macht die Band viel richtig. Die Songauswahl bietet einen Querschnitt durch die vielen Hits der letzten Jahre, wobei die „First Aid Kid“ Songs am meisten gefeiert werden. Von „We Might Fall Apart“ und „Bad Luck Charme“ bis „White Flag For Peace“ bleiben keine Wünsche offen. Und wenn, kommen sie in der Zugabe aus den Boxen. Es wird viel mitgesungen und friedlich getanzt. Ist auch ausreichend Platz da. Die Lichtshow ist herausragend und auch die Band ist in einem guten Maß tight und grundsätzlich einige bpm schneller als auf Platte. Was nur stört, wenn Schlagzeuger Mikko Hakila mitten im Song auf das Gaspedal tritt.
Sänger Miikka wirkt während der Songs professionell und zwischen den Songs wie Amy Whinehouse in Videos die von Frauke Ludewig angekündigt werden. Übermüdet, orientierungslos. Er kriegt kaum einen geraden Satz raus, der Kopf hängt, der „red wine in a plastic cup“ wackelt ihm in den Mund. Überhaupt könnte das der große Wermutstropfen sein. Außer, dass Miikka ab und zu das Mikrophon ins Publikum hält gibt es keinerlei Interaktion. Ansagen stehen (oder eher: wanken) für sich, Songs ebenfalls. Song, kurze Pause, Song, kurze Pause. So geht es Schritt für Schritt die Setliste entlang. Kurz runter von der Bühne, Zugaberufe abwarten, und noch einmal für 3 Songs Gas geben. Dass zwischendurch das Keyboard kaputt geht stört genauso wenig wie die Tatsche, dass Sänger Miikka dauernd damit beschäftigt ist sein Kabel vom Mikroständer zu befreien.
Ja, Disco Ensemble haben ihren Platz gefunden. Nach oben ist hier wenig Luft. Eine Top10 Band werden sie in Deutschland nicht mehr. Genau wie ihre Veröffentlichungen sich seit Jahren auf einem hohen Level bewegen spielen sie heute ein sehr gutes Konzert ohne viele Tiefen, so aber auch ohne viel Abwechslung. Ein schöner, unaufgeregter Abend im Musikzentrum geht zu Ende.