Das erste Mal aufmerksam auf die Hardcore-Punks von RED TAPE PARADE bin ich geworden, als ich beim Stöbern im Vinyl-Angebot bei amazon auf die 7inch „The Floor“ stieß, jene kleine Homage an DAG NASTY und ihr Ferienprojekt-Album „Four on the Floor“, welches mir aufgrund des Covers sofort ins Auge stach. Dass eine Band aus Deutschland gleichzeitig den früher eher unglücklichen Sänger Peter Cortner dazu bringen konnte, Gastvocals für „caffeine“ einzusingen, imponierte mir damals dann doch ein wenig.
Mittlerweile zu den Dortmunder Sympathieträgern von Asscard Records gewechselt, liegt mit „The Third Rail Of Life“ die zweite LP der Bayern vor. Und auch diesmal ist die Liste an Gastsängern äußerst prominent besetzt; so werten Matthew Davies-Kreye (FUNERAL FOR A FRIEND), Scott Freeman (Shook Ones), Patrick Kindlon (END OF A YEAR) und Joey Cape (LAG WAGON) das an sich schon lobenswerte Gesamtprodukt zusätzlich auf.
Spätestens an dieser Stelle habe ich bei RED TAPE PARADE – sollten sie jemals das Review hier lesen – wohl aufgrund des journalistischen Namedroppings verschissen, denn die fünf Herren um die 30 mit Familie, Kind, richtiger Arbeit, wenig Zeit und ohne musikalischem Karriereplan pfeifen (inzwischen?) auf das ganze Szene-Gehabe und gehen in ihrer Freizeit ohnehin nur noch dem nach, was ihnen Spaß macht: Haustiere, 80er-Jahre-Musik, Stephen-King-Bücher und – ganz unironisch – Tom-Cruise- und Sly-Stallone-Filme! Sollen doch blöde Rezensenten das in ihre albernen Kritiken mit aufnehmen! OK, habe ich hiermit getan!
Ungeachtet der Kompetenz „Info-Zettel lesen“ habe ich dem guten Stück Musik auch mehrfach in den letzten Tagen gelauscht und kann daher durchaus nachvollziehen, warum im Werk von RED TAPE PARADE, die in den 90ern wie ich den Katalog von Fat Wreck und Epitaph rauf- und runter gehört haben dürften, immer wieder Parallelen zu GOOD RIDDANCE, FARSIDE, BOYSETSFIRE, LAGWAGON, DAG NASTY und GAMEFACE ausgemacht werden: Das Quintett schafft es auf geschickte Weise, ihre Punk-Vergangenheit in ihr modernes melodisches Hardcore-Spiel zu integrieren, etwa beim vorpreschenden Opener „(always stubborn, sometimes hateful)“ – man stelle sich nur einmal vor, Nathan Grey würde ihn singen! –, beim Kopfnicker „the lose-lose-situation“ oder bei der am Ende kurz vor Studio-Schluss aufgenommen finalen Nummer „it´s a small town “fuck you!”“. Dazwischen überzeugen besonders die mit Gastsängern ausgestatteten Stücke – das ruhigere und mit einer einprägsamen Basslinie versehene „Not even as we speak“, der Kracher „anything else is progress“ oder das fast schon catchy wirkende „tonight? just reruns“.
Zu guter Musik gehört natürlich auch eine gute Verpackung: Die Standard-CD enthält im Booklet neben den obligatorischen Texten ausgiebige Liner-Notes und zum Nachdenken anregende Zitate, als Gimmick gibt es die persönlichen Danksagungen der Bandmitglieder auf „Polaroids“. Daneben gibt es – wie im Hause Arschkarte üblich – das Ganze auf schickem weißem oder blauem Vinyl inklusive Download-Code. Großartiges Release!