Wenn zwei der größten norddeutschen Metalcorebands sich zusammen tun, um eine Split-CD herauszubringen, sind die Erwartungshaltungen enorm. Man hat das Gefühl, Endtimes wäre noch gar nicht richtig raus, da schießen A TRAITOR LIKE JUDAS gleich scharf hinterher. Mit dabei sind die Labelkollegen MAINTAIN, von denen man in letzter Zeit eher wenig bis gar nichts zu hören bekommen hat. Wie dieses Konzept aufgeht, erfahrt ihr hier.
Den Auftakt machen A TRAITOR LIKE JUDAS mit insgesamt sechs der zehn Songs. Man muss allerdings auch zugeben, dass mit einem Intro und einem Interlude insgesamt dann ebenfalls nur vier Songs bleiben. Wie sich die Braunschweiger nun erstmals ohne Dan an der Gitarre beim Songwriting schlagen, war eine der spannenderen Fragen, die es zu klären galt. Die Antwort ist, so muss man leider sagen, ernüchternd: mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht, bleiben die neuen Songs doch etwas unspektakulär. Ein Bruch? Nein, keineswegs. Man hat das Gefühl, hier wäre versucht worden, sich selbst zu kopieren, um nicht zu weit von den letzten Songs entfernt anzusetzen. Die Ideen im direkten Vergleich zu Endtimes etwas farblos, vorhersehbar, als würde man frisches Wasser durch einen bereits benutzten Kaffeefiltersatz kippen. Man erkennt, was es sein soll, es hat die gleichen Zutaten wie zuvor, aber bleibt blass und fade im Beigeschmack. Produktionsseitig kann man allerdings keinerlei Vorwürfe machen: satt und lebendig klingt die Scheibe, unglaublich dicke, wenn auch nicht immer transparente Gitarrenwände und ein abwechslungsreiches und kraftvolles Drumming bilden den Leben spendenden Funken dieser Scheibenhälfte. Da hat Kristian Kohlmannslehner im Kohlekeller Studio wieder einmal hervorragende Arbeit geleistet.
Deutlich weniger hatte man im Vorfeld von MAINTAIN gehört, und ehrlich gesagt waren hier die Erwartungen nicht im Ansatz so hoch. Umso erfreulicher, dass hier etwas abgefackelt wird, was hell in den Metalcore-Himmel strahlen dürfte. Abwechslungsreich, hart, melodiös, verspielt, aber irgendwie immer eingängig präsentiert sich MAINTAIN 2.0. Die Frischzellenkur scheint der Band ungemein weiter geholfen zu haben, insbesondere der neue Gitarrist Tim Piotraschke ist eine unglaubliche Bereicherung in Sachen Riffing. Man ist gewillt, von der deutschen Antwort auf „Darkest Hour“ zu sprechen, gepaart mit ein bisschen Deathcore. Die vier Songs von MAINTAIN wurden übrigens von Jamie King produziert.
Klanglich könnten die beiden Produktionsweisen nicht unterschiedlicher sein: wo A TRAITOR LIKE JUDAS die Gitarren sehr mittenlastig halten, um Gesang, Schlagzeug und Bass viel Platz zu lassen, macht man bei MAINTAIN eher die obligatorische Badewanne: viel Bass, viel Höhen. Das Ergebnis: beide Beiträge haben unglaublich viel Druck, auf lange Sicht sind A TRAITOR LIKE JUDAS klanglich wärmer, MAINTAIN dafür heftiger. Beides passt aber jeweils klar zum Stil der jeweiligen Band.
Wäre ‚Lifetimes’ ein Boxkampf, würden A TRAITOR LIKE JUDAS zwar im Ring eine sehr ordentliche Figur machen, den Gürtel dürften sich hinterher aber MAINTAIN umhängen mit der etwas besseren Technik und dem härteren Punch! Zusammen, als Tag-Team sozusagen, ist ‚Lifetimes’ eine scharf gemachte Granate!