Wacken Open Air 2011

Das diesjährige W:O:A sollte in mehrerlei Hinsicht für mich gänzlich anders verlaufen als die bisherigen. Angefangen bei der Tatsache, dass erstmals bereits am Mittwoch angereist wurde, um auch ja genug Festivalatmosphäre schnuppern zu können, über die schon im Vorfeld nach einem Systemfehler befürchteten Check-In-Schwierigkeiten (die aber innerhalb kürzester Zeit gelöst waren, vielen Dank nochmals an das Team vor Ort) bis hin zu den spielenden Bands, die sich auf meiner Personal Running Order erstmals stark in Grenzen hielten. Umso mehr Zeit bleibt da, sich mit anderen Besuchern anzufreunden, kleine Dummheiten auf dem Metalmarket zu machen oder auch mal ausgiebig durch Wackingen zu stapfen…

Genug Programmpunkte gab es eigentlich schon am Mittwoch zu sehen, im Endeffekt waren Anreise, Zeltaufbau und erstes Nachbarn-Beschnuppern aber so zeitaufwendig, dass man sich wirklich nur auf eine Festivalgelände-Besichtigung beschränkt hat. Schließlich sollten ja auch noch drei Tage mit insgesamt sehr gutem Programm folgen. Die im Vorfeld angedrohten Regengüsse blieben freundlicher Weise die meiste Zeit aus, sodass sich die Investition in Gummistiefel, Regenhose und Cape fast schon als herausgeschmissenes Geld erwiesen hätten. Fast.

Der Donnerstag war zwar immer noch recht überschaubar, was die Masse an Dingen betraf, die man sich anschauen wollte, dafür aber umso mehr Klasse bot. Überraschend gut war Jim Breuer, Commedian in Bullhead City, der vor allem mit James Hetfield- und Ozzy-Parodien beim Publikum punkten konnte.
Bülent Ceylan wies in seinem halbstündigen Programm im direkten Vergleich einmal zu häufig darauf hin, dass sein Auftritt besser werden müsse als der Vorjahres-Summer-Breeze-Auftritt… Ich hatte nicht das Gefühl, dass ihm das gelungen ist, das Publikum war aber auf seiner Seite. Auch Helloween sollten leider an mir vorbeiziehen, ohne dass ich einen Blick auf die Bühne werfen würde. Schlicht und ergreifend die Zeit verpasst und mit den Klängen von „I Want Out“ auf dem Weg zur Bühne vertröstet worden. Okay. Es sollten nun gleich zwei meiner persönlich wichtigsten Punkte im diesjährigen LineUp folgen: Blind Guardian, von denen ich insgesamt eine solide Leistung auf der Bühne zu sehen bekam, die mich aber bei helllichtem Tag irgendwie nicht in die erwünschte Stimmung katapultieren konnten, sowie Ozzy Osbourne, der seiner Band einen unglaublichen Auftritt zu verdanken hatte, an dem er insgesamt den größten Teil eher als Statist mitwirkte, relativ textsicher und nahe an den gedachten Melodien lag, und mit regelmäßigem „I can´t hear you“ versuchte, das Publikum zu noch mehr Applaus zu animieren. Irgendwann war es einfach einmal zu oft gesagt, sodass auch diese Ansage schon fast in Richtung Persiflage ging.

Der Freitag sollte der Tag mit den meisten Acts werden, die ich sehen wollte. Relativ früh, dafür aber bestechend gut erwiesen sich Suicidal Tendencies, die einen gelungenen Mix ihrer besten Songs präsentierten und nicht nur perfekt aufeinander eingespielt waren, sondern dazu auch noch unglaublich viel Spielfreude an den Tag legten. Mit Ignis Fatuu auf derWackinger Stage wurden wir leider nicht wirklich warm. Zu vorhersehbar, gesanglich (abgesehen von den starken weiblichen Backingvocals) nicht sonderlich gut, ging es mehr oder weniger direkt zurück zum Zelt. Wärend Sodom ihr Set auf der True Metal Stage zum besten Gaben, freute man sich nebenan bereits auf die darauf folgenden As I Lay Dying, die ein starkes Set boten und dem bis dahin doch eher traditionellen Metalstilen, die man sich angehört hatte, eine schicke Föhnfrisur verpassten. Jetzt sollte es auch erst einmal modern bleiben. Direkt im Anschluss spielten Trivium… Leider zeitgleich mit Deadlock! Ja, wir wären bereit gewesen, Trivium für Deadlock sausen zu lassen, wenn da nicht so ein schrecklicher Sound auf der Wet Stage gewesen wäre, der selbst dem innigsten Deadlock-Fan die Tränen in die Augen hätte treiben müssen. Verzerrte Gesangslinien, weil die Boxen nicht mehr mitgekommen sind, die Gitarren fast kaum noch zu identifizieren unter dem Gewummer von Drums und Bass… Schade, da hatten wir uns drauf gefreut. Nach etwas mehr als einem Song ging der Krach aber so auf den Zeiger, dass man die Flucht nach draussen suchte und sich damit tröstete, dass Trivium einen supertighten Auftritt hinlegten, der lediglich etwas mehr Show hätte vertragen können. Heaven Shall Burn spielten quasi die identische Show vom Vorjahr. Wieder nett anzusehen, aber eben bereits bekannt. Persönlicher Headliner vom Freitagabend und insgeheim auch für das gesamte Festival wurden danach Judas Priest. Fantastische Songauswahl, grandiose Instrumententechnik, solider Gesang, und wahrscheinlich die letzte Chance für viele, sich diese Band live anzuschauen! Ergreifend!
Die für Cradle of Filth kurzfristig eingesprungenen Triptykon konnten danach leider nicht wirklich glänzen (und auch, ob Dani Filth hier noch etwas hätte draufsetzen können ist im Nachhinein fraglich), und auch Airbourne und Apocalyptica waren nicht fähig, noch klar positive Akzente zu setzen, auch nicht mit waghalsigen Klettereinlagen auf Seiten Airbournes oder stimmungsvoller Lichtshow bei Apocalyptica.

Der letzte Festivaltag zeigte zwar auf dem Zettel noch ein paar klare Highlights, allerdings hatte man den Großteil davon bereits das eine oder andere mal live gesehen und schaute nur noch den essentiell wichtigen Teil an, weswegen dann Kataklysm, Mayhem, Hämatom und Subway To Sally völlig hinten runterfielen, Children of Bodom, Motörhead, Kreator, Avantasia und Sepultura enorm kurz ausfielen, man sich dafür aber Dir En Grey, Knorkator und Iced Earth ausgiebig widmete. Die Japaner von Dir En Grey wirkten zunächst verstörend, doch mit jedem weiteren Song, den sie zum besten gaben, ohne zwischendurch auch nur eine einzige Ansage zu machen, erschloss sich der Sound der Band mehr und mehr. Knorkator, nach etwa einem Jahr Pause wieder da, wirkten leider keinesfalls so spielfreudig, wie ich es erwartet bzw. erhofft hatte, sondern vielmehr routiniert und sogar ein wenig gelangweilt. Sehr schade, hoffentlich war das nur eine Frage der Tagesform. Schließlich konnte man sich dann die letzte Iced Earth-Show mit ihrem langjährigen Sänger Matthew Barlow anschauen. Barlow hatte vor allem in den stimmlich eher tiefen Bereichen Probleme bei der Tonfindung, insgesamt machte die Band aber einen hervorragenden Eindruck, der lediglich mit einem etwas fetteren Sound noch mehr hätte überzeugen können.

Die Nacht von Samstag auf Sonntag sollte dann noch mit dicken Regenschauern gesegnet werden, wodurch sich auch die anfänglich erwähnten Investitionen bezahlt gemacht haben und man viel zu früh, dafür aber ohne Staus die Heimreise antreten konnte.
Fazit: die Festivalstimmung war ein weiteres mal grandios, die Bands waren super, die Bandauswahl hätte insgesamt aber ein wenig härter ausfallen können. Wirklich viele Deathmetalbands gab es nicht zu sehen, und auch im Bereich des moderenen Metal hat es durchaus schon Jahre gegeben, wo die Auswahl größer erschien. Stattdessen hatte man sich dieses Jahr gleich mehrere Legenden in die Aufstellung geholt, die man gebührend verabschieden bzw. feiern konnte. Nächstes Jahr einfach mal wieder ein paar härtere Bands mehr einladen, und alle sind wieder glücklich. Dass dem so ist, zeigt auch die Tatsache, dass das auf 10.000 Karten limitierte X-Mas-Package für 2012 innerhalb der ersten 45min ausverkauft war.

Wir bedanken uns erneut bei allen Organisatoren, Helfern, den Bands und natürlich den 75.000 Fans, die jedes Jahr erneut das Wacken Open Air zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Wir sehen uns 2012 wieder, wenn beispielsweise The Scorpions, Amon Amarth, Cradle Of Filth, Forbidden, Gamma Ray, Ministry, UDO, Axel Rudi Pell oder Hammerfall zum 23. Festival in Wacken einladen…

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