Die Idee des SideOneDummy-Mitgründers Joe Sib ist so einfach wie interessant. Nachdem in den letzten sieben Jahren unzählige bekannte Punkbands in seiner Radiosendung live aufgetreten sind, etwa ADOLESCENTS, ALKALINE TRIO oder TIGER ARMY, kam Sib auf den Gedanken, Aufnahmen dieser Bands zu veröffentlichen. Hierbei stand der legendäre englische Radiomoderator John Peel Pate, der manch einer Combo Kult-Status verliehen hat.
Der besondere Clou: das ganze Projekt ist dem Tonträger Vinyl gewidmet. Eine CD-Variante wird nicht erscheinen. Die „Complete Control Session“ erscheint als 10“ und ist mit einem ansprechenden Design von El Jefe, der auch schon für THE GASLIGHT ANTHEM gearbeitet hat, ausgestattet. Vinyl-Freunde, und die sind ja nun die Zielgruppe, dürften allerdings kritisch anmerken, dass SideOneDummy immer etwas sparsam ist, was die Farbe betrifft: buntes Vinyl ist – wenn überhaupt – streng limitiert und nicht einfach zu haben. Auch ein Textsheet oder gar ein Booklet fehlt leider. Und dennoch: Alle zwei Monate will SideOneDummy nun diese spannende Serie mit Ikonen und Legenden aus jüngerer und älterer Zeit fortsetzen.
Dass ANTI-FLAG einmal zu den einflussreichsten Punk-Bands zählen würden, hätten sich vor 23 Jahren die Sandkastenfreunde unter denn heutigen Künstlernamen Justin Sane und Pat Thetic kaum träumen lassen. Und dennoch: die ehemaligen Bush-Antigonen, Lieblinge jedes ANTIFA-Treffens, Globalisierungsgegner, D.I.Y.- Verfechter und Weltverbesserer sind nicht totzukriegen, im kommenden Winter soll die nächste LP erscheinen. Doch zuerst bespielen sie den dritten Teil der „Complete Control Session“ mit siebeneinhalb Songs.
Produziert von Joe Sib und Billy Armstrong, abgemischt von Andrew Berlin und Bill Stevenson im Blasting Room, gemastert von Jason Livermore – was für Namen – hält die B-Seite eine wahre CLASH-Huldigung bereit. Die Pittsburgher sind große Fans der Londoner, das weiß man nicht erst seit den Tribute-Konzerten. Und so gibt es natürlich das jeanswerbungverseuchte „Should I Stay Or Should I Go“ gleich in zwei Versionen, die CLASH-Debüt-Single „White Riot“ sowie das Cover vom Cover der Sonny-Curtis-Nummer „I fought the Law“, eingeleitet durch die Reggae-Hymne „Guns of Brixton“. Hinzu gesellen sich auf der A-Seite drei eigene Klassiker.
Doch so sehr das Ganze nach sicherer Sache klingt: meines Erachtens fehlt dem Produkt die letzte Konsequenz. Die Eigenkompositionen hätte man sich hier durchaus sparen können, da sie gegenüber den Originalaufnahmen keinen Vorteil aufweisen. Neue Songs als Appetitanreger auf das neue Album oder gar exklusive Stücke wären wünschenswerter gewesen. Oder noch besser: wenn schon CLASH, dann nur CLASH!!! Genug weitere Songs zur Auswahl gibt es ja nun – allein schon die Tatsache, dass „London Calling” entgegen seiner ursprünglichen Intention der offizielle Song der Olympischen Spiele 2012 ist, hätte einen bissigen Kommentar verdient. So bleibt doch ein kleines unbefriedigtes Gefühl zurück.
Aber egal. Der dritte Teil ist es durchaus wert, gelobt zu werden. Und er ist eine Zier in jeder Vinyl-Sammlung. Nicht mehr, nicht weniger. Hugh, ich habe gesprochen.