Einen besseren Zeitpunkt für die Veröffentlichung ihres inzwischen zehnten Studioalbums hätten sich MY DYING BRIDE gar nicht aussuchen können. Das Wetter wird langsam trübe und trist, es wird spät hell (wenn man das überhaupt so nennen darf) und früh wieder dunkel, und wer dabei fröhlich sein kann, ist irgendwie beneidenswert. ‚A Map Of All Our Failures‘ haut da genau in die Kerbe, die ohnehin schon jeder mit sich herumträgt: Herbststimmung!
Die Könige des Doom Metal erfinden sich nicht neu, das vorab. Nachdem “A Line Of Deathless Kings” und “For Lies I Sire” beide für MY DYING BRIDE-Verhältnisse etwas schneller waren, ging man mit der EP “The Barghest O´Whitby“ sowie dem Album „Evinta“ mal wieder etwas experimentellere Wege. Das aktuelle Album konzentriert sich nun wieder voll und ganz auf die Stärken der Band: hypnotisierende Melodien, die einen ganz tief hinabziehen und die dunkelsten Seiten der Seele offenbaren, langsame, getragene Songs, die von Aaron Stainthorpes Gesang charismatisch und düster begleitet werden. Die Produktion des Albums ist qualitativ auf hohem, gewohntem Niveau, der Sound entspricht dem, was man bei einer MY DYING BRIDE-Scheibe erwarten darf.
Ganz selten wagen die Engländer noch kurze Ausritte in Deathmetal-Gefilde, die die ansonsten allesamt eher ruhigen Songs auflockern. Dass die Band aber dennoch weiß, wie man an der richtigen Stelle besonders viel Wumms herausholt, zeigen sie eindurcksvoll in Songs wie ‚Hail Odysseus‘.
Ganz besonders wissen aber wieder die Sattelstellen zu gefallen, in denen ein Song scheinbar bereits sein Ende gefunden hat, um dann noch einmal quasi mit zweiter Lunge auszuholen (perfekt ausgeführt beispielsweise in ‚Within The Presence Of Absence‘, wo etwa auf halber Strecke alles in sich zusammenfällt und nur noch eine durch lang klingende Gitarren Sprechpassage bleibt, die danach durch ein schleppendes Gitarrenriff aufgehoben wird, um die zweite Songhälfte einzuläuten).
Fans von MY DYINGBRIDE bekommen genau das, wonach sie sich gesehnt haben, ein Album, das sicherlich bei den diesjährigen Doom-Scheiben ganz vorne mitmischt (wenn nicht sogar mit klarem Abstand das Rennen gewinnt), wer aber nichts mit Doom anfangen kann, wird hier wahrscheinlich vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. ‚A Map Of All Our Failures‘ fordert den Zuhörer, es nagt an einem und lässt einen nicht mehr los, insgesamt hat man aber das Gefühl, dass hier eine versöhnliche Stimmung erzeugt werden soll. Grandios!