Ich bin immer wieder erstaunt, wie manche Bands es schaffen, sich selbst neu zu erfinden, ohne sich dabei untreu zu werden. TRIVIUM sind hier ein ganz hervorragendes Beispiel: Eben noch klingen sie, wie man sich so manche Metallica-CD gewünscht hätte, dann erscheint (es kommt mir vor, als wäre das eben gerade erst gewesen) In Waves und zeigt uns, wie hart Trivium eigentlich sein können, und nun liegt mit „Vengeance Falls“ schon der aktuelle Nachfolger auf dem Tisch. Man merkt klar, dass die Band sich langsam darauf einstellt, sich einem „erwachseneren“ Publikum hinzuwenden, wobei: Auch Shogun war bereits sehr erwachsen, da war In Waves eher ein kleiner „Rückschritt“ (nicht musikalisch, sondern zukunftsweisend).
„Vengeance Falls“ ist das wohl mit Abstand melodischste Album der Band, dabei aber technisch nicht mehr ganz so am Limit wie noch die letzten beiden. Es scheint, als hätten Metthew Heafy und Co. gemerkt, dass manchmal weniger einfach mehr ist. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Scheibe. Ein Beispiel? Weniger Growls sind mehr. Konnte man auf In Waves ganz klar die Growl-orientierten Songs als Schwachstellen der Scheibe identifizieren, so ist hier ganz klar zu sagen: die tiefe, gutturale Stimme wird nur noch sehr selten verwendet, und wenn, dann passt das ziemlich gut in den Song und wirkt damit bereichernd. Feder führend sind inzwischen aber die Cleanvocals.
Was darf man sonst noch zu der Scheibe sagen, ohne sie tot zu reden? Die Produktion ist erwartungsgemäß ein dickes Pfund. TRIVIUM sind erwartungsgemäß eine technisch sehr starke Band, die sich weder im Spielerischen, noch im Songwriting Schwächen erlauben. Es gibt keinerlei schlechte Songs auf der Scheibe, dafür aber das eine oder andere Highlight.
Wer auf „erwachsenen“, melodischen Metal steht, bekommt hier seine Vollbedienung und vielleicht sogar das persönliche Album des Jahres vorgelegt. Mir persönlich ist „Vengeance Falls“ ein etwas zu abrupter Wechsel. Hatte man bei Shogun noch eine Menge Thrash im Gepäck, war In Waves schon irgendwie Metalcore-angehaucht, und jetzt das? Das macht die Sache sehr unplanbar, was man wohl als nächstes von TRIVIUM erwarten darf. Wieder puristischen Metal? Harte Thrash-Kelle? Core-lastige Musik? Die Band hat zwar einen klaren, roten Faden, der sich durch ihre Alben durchzieht, aber schaut man sich an, was auf diesen Scheiben zu hören ist, so hat man das Gefühl, die Veröffentlichungs-Reihenfolge ist irgendwo unterwegs durcheinander geraten. Ich jedenfalls hatte mit einem deutlich härteren Album als Nachfolger zu In Waves gerechnet, dieses erhofft und war zunächst erst einmal konsterniert, was da aus den Boxen schallte. Nichtsdestotrotz: ein wirklich sehr gutes Album, nur halt nicht das, was ich persönlich gerne gehabt hätte…