Es ist ein heißes Eisen, wenn Menschen berühmt sind und „auch mal Songs schreiben“ wollen. Da hat man schon so einige bei den ersten Gehversuchen mächtig hinfallen sehen. Nichts desto trotz macht die intelligentere Hälfte vom Clown-Duo „Joko & Klaas“ jetzt ernst mit der Musik. Bei Klaas Heufer-Umlauf ist das aber nicht schlimm, peinlich oder aufgesetzt, sondern wunderbar. Denn das Debut-Album von Gloria hat nichts mit Pornotitel-Ping-Pong, Wenn-Ich-Du-Wäre oder Rangeln zu tun. Und auch Herbert Grönemeyers Label „Grönland“ ist nicht dafür bekannt, billige PR-Tricks auszuspielen und gehaltlose Künstler zu signen. Das Album ist von hinten bis vorn melancholischer, kluger und ruhiger Indiepop mit analogen Instrumenten. Es gibt quasi keine Assoziationen an den Fernseh-Klaas oder Wir Sind Helden. Denn Mark Tavassol ist nebenbei Bassist und Allrounder bei dieser großen deutschen Band. Jetzt gehen die zwei (mit dazugehöriger Band) unter Gloria gemeinsame Wege.
Klar, wenn Klaas Heufer-Umlauf und Mark Travassol draufstehen, ist erstmal egal was drin steckt: Gloria sind mit einem Schlag bekannt. Und so spielen sie ihre ersten Konzerte auch nicht vor 15 Leuten in Juzis, sondern wir stehen heute in einem gut gefüllten, wenn auch nicht ausverkauften, Hannoveraner Musikzentrum. Das wohl gemerkt zweite Konzert der ersten Tour von Gloria. Und dann kommt der vermeintlich neue Klaas auf die Bühne und hat schon den ersten Lacher gelandet, bevor der erste Ton von „Endlich kombinieren“ erklingt. Also doch. Kaum stehen Leute vor ihm, wird er zum Entertainment-Klaas. Bitte nicht.
Das stimmt so nicht ganz. Denn wie nach wenigen Songs und Ansagen deutlich wird, ist der sonst so lockere Typ schlichtweg aufgeregt bis ins Mark. Witze sind sein täglich Brot – diese angreifbare, nachdenkliche Musik ist unabsehbares Terrain. Da tut es ihm sichtlich gut zwischendurch mal auf Umberto einzugehen und Fußballsticheleien zu machen. Die anderen 5 Musiker gehen mit dieser Situation wesentlich routinierter um. Zumindest hält sich niemand so verloren an seinem Mikrofonständer fest, wie Neu-Sänger Klaas. Das Publikum frisst ihm natürlich aus der Hand. Songs werden so innig mitgesungen, wie Ansagen beklatscht und Witze belacht werden. Da tut es auch nichts zur Sache, dass das Hannoveraner Publikum erst einmal mit „Hallo Essen“ angesprochen wird. Die Ansage mündet in „Eigenes Berlin“ und schon ist alles vergessen. Einer der wenigen Songs über Berlin, die nicht allein als Liebeserklärung verstanden werden kann: „Ich muss da wohnen“, erklärt Klaas. Mit einem sehr guten „Enjoy The Silence“-Cover geht ein recht kurzes Set zu Ende, bevor für die Zugabe sogar ein Song (wenn auch in akustischer Version) wiederholt werden muss.
Man darf durchaus zufrieden und bestätigt nach Hause gehen: Es kann gelingen, wenn Promis Musik machen. Es kann sogar gelingen, dass Fernseh-Entertainer ernste (und ernstzunehmende) Musik machen. Dass bei Gloria ein Musik-Promi von einer der größten deutschen Bands dabei ist, tritt dabei allerdings ein wenig in den Hintergrund.
Fotos: Viktor Schanz
Text: Michael Breuninger