Bosse – Taxi

Liegen „Kamikazeherz“ und „Guten Morgen, Spinner“ nur ein Jahr auseinander, hat sich Axel Bosse für sein Drittwerk „Taxi“ gut zweieinhalb Jahre Zeit gelassen. Komponieren, texten, verwerfen, neu anfangen, moderieren, produzieren, in die Türkei zu Frau und Tochter pendeln und Erkenntnis erlangen.

Andere fahren im Taxi für eine Nacht nach Paris, wieder andere weinen, Bosse jedoch kommt zu der Erkenntnis, dass Liebe kein Rock´n´Roll, sondern leise ist. Dass entgegen Myrphys Chaostheorie das Glück auf der Straße liegt. Dass viele Dinge repariert und zurückgegeben werden müssten. Dass es zuvor die Kunst ist, diese verlorenen Dinge wieder zu finden. So vereinfacht kann das Leben sein.

Oliver Uschmann, Jahrgang 77, Germanist, großer BAD RELIGION Fan und ehemaliger Mitarbeiter der Visions, attestiert Axel Bosse, „Taxi“ sei sein erstes Indie-Album geworden, verstehe man Indie als klangliche Reduktion, unkitschige Intimität und unaufdringliches Spinnen eines roten Fadens. Der Rezensent schätzt diese Worte Uschmanns, mit dem er drei der oben aufgeführten biographischen Eigenschaften teilt. Reduziert ist der ehemalige Anspruch, immer groß auf Rocker zu machen. Ruhiger werden die Töne, Akustikgitarren, Piano- und Streicherelemente haben ihren Platz erkämpft. Intim wird das Album in dem Moment, wenn die Äußerungen des Lyrischen Ichs mit Bosse gleichgesetzt werden: Das Nicht-verstanden-werden in „3 Millionen“. Der Wunsch, die Vergangenheit zu verändern in „All die Dinge“ oder die bereits erwähnte leise Liebesbotschaft. Und der gesponnene rote Faden ist das Ablegen der „dämlichen Dauerjugendlichkeit des Alles-offen-haltens“, das Ankommen in der Erwachsenenwelt…auch wenn die Erkenntnis schmerzt, dass die Umgebung gleich geblieben ist und nur man selbst sich verändert hat, zu hören in „Alter Strand“.

BOSSE hat sich die Jahre über ausprobiert, sich ausgetobt, sich ausgerockt. Er ist viele Wege gegangen, die er für sich offen gehalten hat. Mit „Taxi“ ist er definitiv angekommen. Ein großartiges Album deutschsprachiger Indie-Kultur (wenn es die überhaupt gibt), ein trotz aller musikalischer Reduktion lyrisch dichtes Album, welches näher bei KETTCARs „Sylt“ zu verorten ist als bei „Frieden im Krieg“ von MADSEN. Daran ändert auch Sebastian Madsen als Duettpartner nicht. Marcus Wiebusch hätte ich mir hier eher gewünscht.

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