Crematory – Pray

CREMATORY ist wahrscheinlich eine der beständigsten deutschen Metalbands, die es gibt. Als Urgestein der Szene haben sie sich spätestens mit ‚ Shadows Of Mine’ aus dem Jahr 1994 schon in die Herzen ihrer Fans gespielt und seitdem nahezu jedes Jahr eine neue Scheibe auf den Markt geschmissen, sodass wir mit ‚Pray’ jetzt ihr sechzehntes Werk auf dem Tisch liegen haben, so man denn alle Live-, Best-of- und Mini-CD-Alben mitzählt. Da fällt es schwer, noch neues zu finden, was über CREMATORY noch nicht geschrieben wurde.

Gothic/Deathmetal-Bands waren Anfang der Neunziger durchaus populär. Bands wie Paradise Lost, My Dying Bride und Theatre Of Tragedy hatten Hochkonjunktur. Und dann tauchte da plötzlich aus der Versenkung eine Band auf, die nicht nur aus Deutschland stammte, sondern auch noch die Zeichen der Zeit erkannt hatten und in der Landessprache Songs veröffentlichten, die gleichsam poetisch wie auch schwermütig waren. Die Songs waren für damalige Verhältnisse eher untypisch mit Keyboards hinterlegt. Das Ergebnis schlug ein wie eine Bombe. Seither sind CREMATORY aus der deutschen Metalszene nicht mehr wegzudenken, und auch ihre kurzfristige Pause von 2002-2004 zeigt, dass das Potential dieser Band lange noch nicht ausgeschöpft ist.

Mit ‚Pray’ gehen sie jetzt noch einen Schritt weiter, bauen ihre Stärken weiter aus, entwickeln sich aber auch deutlich im Vergleich zum Vorgängeralbum ‚Klagebilder’. Noch weiter ist der Cleangesang in den Vordergrund gerutscht, aber nichtsdestotrotz bleiben sie den inzwischen schon fast nur noch selten in dieser Sparte zu hörenden Grunts treu. Diese Grunts haben sich eigentlich in der gesamten Schaffenszeit von CREMATORY nur marginal verändert. Tief, monoton, dabei gut verständlich und unglaublich wuchtig. Dass nun immer häufiger auch mal klare Melodien die Songs auflockern, ist zwar bei weitem nichts neues mehr für die Band, allerdings schaffen sie auf ‚Pray’ derart eingängige Songs, dass man sich ganz schnell zu fragen beginnt, woran der große Durchbruch dieser Band im internationalen Bereich bislang gescheitert ist.

Aufgenommen und produziert wurde das Album wieder einmal unter den fähigen Fingern von Christian „Kohle“ Kohlmannslehner in den Kohlekeller Studios. Dass hier die Zusammenarbeit wie Arsch auf Eimer passt, wird schon beim ersten Song ‚When Darkness Falls’ deutlich. Brutales auf-den-Punkt-Riffing, klinisch genaue Drummingarbeit, kraftvolle Gesangspassagen, ein dickes Bassfundament und breite Keyboard-Teppiche.

Was CREMATORY auf ihrem neuen Album auszeichnen, sind die geradezu grandiosen Songstrukturen, die für das Genre völlig unerwartete Ohrwurm-Potentiale eröffnen. Wenn diese Band bislang nicht in der Rockdiskothek eures Vertrauens lief, dann solltet ihr dem örtlichen DJ mal den Tipp geben, sich dieses Album zu besorgen. Von insgesamt zehn Tracks kann man mehr als die Hälfte ohne schlechtes Gewissen haben zu müssen spielen. Mit den auf diesem Album versteckten Frischkurzellen schielt CREMATORY leicht in Richtung moderne Metalbands der Marke Still Remains, ohne ihrem Stil untreu zu werden. Ein für diese Band erstaunlich jung wirkendes Album, das den tatsächlichen Jungspunden der Szene zeigt, dass auch eine so renomierte Metalband wie CREMATORY noch lange nicht zum Alteisen zählt. Übrigens gibt es ‚Pray‘ nicht nur im JewelCase, sondern auch als limitierte Digipack-Variante und super-sonder-limitierte Box mit ganz viel Goodies dazu!

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