Donots – Coma Chameleon

Aufgewacht aus dem Coma. Die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Die chamäleonhafte Verwandlung. Phoenix aus der Asche. Totgesagte leben länger. Was uns nicht tötet, macht uns nur härter. Nur die Harten kommen in den Garten. Das Paradies auf Erden öffnet seine Pforten. Herzlich willkommen. Das sind die DONOTS aus Ibbenbühren, Deutschland. Im Gepäck ihr bestes Album.

Die Vorschusslorbeeren zum neuen Silberling wurden großzügig verteilt. Also tat ich etwas noch nie Dagewesenes. Ich rannte am Erscheinungstag in den Laden und organisierte mir das neue Opus. Übertrieben? Nö. Das breite Grinsen wollte den ganzen Tag lang nicht weichen.

1999 war „Outshine The World“ einer meiner Lieblingsstücke des Jahres, auf einem Konzert verkaufte mir Bassist Jan-Dirk persönlich voller Stolz das Debüt „Better Days Not Included“, bei einem weiteren Konzert in einem kleinen Club saß man vorher an der Theke, trank einen Kaffee und begutachtete das neue RATM-Video zu „Guerilla Radio“. Vorher wäre ich mit meinem alten Golf II fast in den Graben gefahren. Unvergesslich. Ungefähr 100 Leute sahen damals die DONOTS, die sich die Bühne mit ihren Freunden von den BEATSTEAKS teilten. Jene hatten gerade als erste deutsche Band das Album „Launched“ beim Kultlabel Epitaph veröffentlicht. Und so sehr genau diese beiden Combos immer als Alternative zu der deutschen Punkdominanz der TOTEN HOSEN oder der ÄRZTE galten, so könnte die Entwicklung beider Bands doch nicht unterschiedlicher sein. Während die Berliner immer erfolgreicher wurden, dümpelten die Ostwestfalen auf gleichbleibendem Niveau vor sich hin. Sicher hatte man mit einem Song wie „Whatever Happened To The 80s?“ – jener Homage an die Rockgeschichte dieses einflussreichen Jahrzehnts, dem man später mit einer ganzen EP huldigte – und dem dazugehörigen Album „Pocketrock“ einen guten Nachfolger im Petto, danach wurde es allerdings ruhiger. Die treuen Fans pilgerten zwar immer noch zu den Konzerten – ich auch, wenn sie in der Nähe spielten –, doch der Zenit schien unlängst erreicht, wenn nicht sogar überschritten worden zu sein.

Mussten die DONOTS in der Folgezeit oftmals damit leben, dass man ihnen attestierte, sie würden ganz netten, nachvollziehbaren, punkigen Rock machen, der jedoch nicht wirklich Tiefgang habe, so räumt „Coma Chameleon“ mit all diesen stereotypen Vorwürfen auf. Erwachsener und durchdachter, vielschichtiger und präziser, aber in keinster Weise leiser ist das Quintett geworden. Vorher musste man alles Bekannte zertrümmern, um das Neue aufzubauen. Songstrukturen, Verstärkereinstellungen der Gitarren, das verantwortliche Plattenlabel. Volle Emazipation. Volle Selbstkontrolle. Volle Identifikation. Dunkler als früher, aber voller Hoffnung. Aggressiv, aber voller Melodie. Manchmal auch bedächtig, aber voller Intensität.

Würde man die Stimme von Sänger Ingo nicht als solche erkennen, es wäre schwierig, das neue Material mit den DONOTS zu assoziieren. Ich freue mich schon auf das ausstehende Konzert. Die Karten liegen bereit. Und ich möchte eher die neuen Stücke als die alten Klassiker hören. Ungewöhnlich. Ungewöhnlich gut. Unerwartet gut. Und bedeutend besser als das letzte Album der Band, mit der man einst in einem kleinen Club vor 100 Leuten ein Konzert der „Ladies First, James Last“-Tour spielte, dessen Plakat immer noch bei mir über dem Bett hängt und das mich immer an meinen alten Golf II erinnert. Lang ist her.

Schreibe einen Kommentar