Gäbe es eine musikalische Landkarte, auf der jedes Album, das jemals herausgebracht worden wäre, seinen eigenen Platz hätte: ‚Last rites’ von INHUMAN würde genau auf halber Strecke zwischen Madball´s ‚Set it off’ und Sick Of It All´s ‚Scratch the surface’ liegen. Klanglich, stilistisch, qualitativ! Ein Hardcore-Granaten-Blindgänger, der jetzt mit vierzehn Jahren Verspätung explodiert und die Erinnerungen an die guten alten Zeiten, wo man nur von Hardcore gesprochen hat, ohne danach noch in diverse Schubladen zu schauen, wieder aufleben lässt. Jetzt schon mal danke für diesen flashback!
Die Marschrichtung der Herren ist somit klar definiert, und auch der Tatsache, dass sie mit ihrem neuen Werk alles andere als zeitgemäß sind, dürfte damit deutlich genannt worden sein. Aber genau wie INHUMAN selbst ist zumindest mir das völlig egal! Und wen wundert das alles auch? Die New Yorker sind alles andere als Newcomer. Mit von der Partie sind Mitglieder der altehrwürdigen Agnostic Front, welche wohl als Gründerväter des New York Hardcore zählen dürften, aufgenommen wurde ‚Last Rites’ von Dean Baltulonis, der (Überraschung, Überraschung) auch schon für Sick Of It All, Madball oder Most Precious Blood gearbeitet hat.
Das, was INHUMAN hier darbieten, ist qualitativ mindestens ein Ausrufungszeichen wert! Der größte Unterschied zwischen dem früheren Hardcore und den heutigen Veröffentlichungen liegt meiner Meinung nach darin, dass heute eher emotionale Songs geschrieben werden, wohingegen bei früheren Veröffentlichungen die Songs energetischer wirkten. Wäre es INHUMAN gelungen, ihren Songs noch ein wenig Emotionen einzuhauchen, wäre ich jetzt völlig aus dem Häuschen.
Aber wenn eine solche Allstar- ach, was sage ich, eine All-Legend-Band sich auch nach dreizehn Jahren mit so einem Kracher-Release nicht scheut, den Vergleich mit den jungen Wilden anzutreten, dann kann man ruhig mal ein Auge zudrücken und einfach genießen, was einem geboten wird. INHUMAN haben schon alles erlebt, was eine Hardcoreband in ihrer Karriere so zu erleben erwarten kann. Sie haben mit den größten Bands der Szene getourt, diverse Platten und EP´s herausgebracht, sich eine dreijährige Auszeit gegönnt und trotzdem wieder den Weg zueinander gefunden. Kurz gesagt: INHUMAN ist einfach eine Band, die schon immer irgendwie in der Szene vertreten war, immer der Szene treu geblieben ist und wohl auch immer in irgendeiner Form zur Szene gehören wird. Trotz der leichten Staubpatina, die auf den Songs haftet, ist ‚Last Rites’ ohne Einschränkungen ein Album, dass man abfeiern kann und bei dem man in Erinnerungen schwelgen kann, ohne auf aktuelle Aufnahmequalität verzichten zu müssen!