Chicago, die Stadt der Winde, ist die Heimstätte des wohl zur Zeit angesagtesten Indie-Labels im Bereich moderner Rockmusik, doch als man die Lokalmatadore JUNE unter Vertrag nahm, wehte nur ein laues Lüftchen über dem Lake Michigan. Und so kommt es, dass die vier Herren mit ihrer Monatsband im Klanggarten „Victory“ für die sanften Töne verantwortlich sind. Gibt ja auch genug andere, die im Hause Krach machen und rumkrakeelen, JUNE tun nichts, die wollen nur spielen. Und das hat man dann auch ausgiebig gemacht und nebenbei vom Debüt „If you could speak any faster“ 60.000 Einheiten abgesetzt. Beeindruckend, dachten sich auch die Label-Macher, sodass JUNE derzeit ihre volle Aufmerksamkeit genießen. Profitieren dürften beide Parteien davon, und natürlich auch die wachsende Fangemeinde.
JUNE mussten sich sicherlich schon öfter den Vorwurf gefallen lassen, man sei unscheinbar und nichts sagend, langweilig und austauschbar, stereotyp. Das CD-Layout. Die Songs. Die Gesichter der Musiker. Das ist bösartig und wider besseres Wissen gesprochen, denn gegenüber dem Vorgängeralbum ist ‚Make it blur’ der richtige Schritt auf dem Weg zur Profilschärfung. Weiter weg vom Emoscreamometalhardcore ihrer Labelkollegen, noch weiter weg vom vorhersehbaren Wechselspiel zwischen Härte und Melodie. JUNE haben sich vollends für das Zweite entschieden. Vorgetragen von der einfühlsamen und klaren Stimme Tim Brennans werden hier Pop-Rock-Perlen auf eine Schnur gezogen, die jede CD-Sammlung schmücken dürften. Hier wird nicht rumgeschrammelt, sondern feinsäuberlich intoniert. Hooks, die zum Kopfnicken einladen. Refrains, die mitgesungen werden wollen. Leise Worte, denen zugehört werden soll. Riffs, die getanzt werden wollen. Und verdammt noch mal, natürlich ist man damit radiotauglich. Wieso auch nicht? Oder ist es ein Qualitätsmerkmal, wenn man Musik fabriziert, die nie über den Äther ausgestrahlt werden würde? Soviel zur Rhetorik!
Klanglich wirkt ‚Make it blur’ im Vergleich zu seinem älteren Bruder runder und geschliffener, schlichtweg präziser, ohne dabei den Esprit eines Rock-Albums verloren zu haben und somit als klinisch tot abgestempelt werden zu können. Highlights des Silberlings sind sicherlich die sehr tanzbare Video-Single „I´d lose myself“, die ebenfalls Bewegung intendierende Rock-Nummer „Swallowed“ und das stark mit Pop-Anleihen aus den 80ern operierende „Temper“, dessen Refrain sich als waschechter singalong entpuppt. Fans von Fallout Boy, Panic! At The Disco und All American Rejects werden das Album lieben – wer von „Victory“ härtere Gangarten erwartet, sollte jedoch vorher reinhören und sich überzeugen lassen.