Wie? Die kommen aus der Schweiz? Unglaublich. Denn seien wir einmal ehrlich. Ein Brainstorming zu unserem kleinen Nachbarn im Südwesten bedient sich meistens sämtlicher Klischees: Kühe und Käse, Uhren und Armeemesser, Berge und Alpenhörner, Neutralität und ein lustiger Dialekt, der mitunter so unverständlich ist, dass er selbst im Fernsehen auf 3Sat untertitelt wird. Fällt euch hier etwas auf? Ja genau. Die einzige Verbindungslinie zwischen Schweiz und Musik ist das Alpenhorn. Das wollen PRISMA mit ihrem progressiven Rock ändern.
Nun ist es aber so, dass dem Zuhörer schon zu Beginn des Debüt-Albums des Quartetts aus dem Aargau ein Wort über die Lippen kommt, welches ihn bei der weiteren Gesamtinterpretation nicht mehr loslassen wird: TOOL. Ob dieser Vergleich von der Band intendiert ist, sei einmal dahingestellt, jedoch kommt sie nicht darum herum. Zu offenkundig sind die Anleihen zur amerikanischen Kultcombo aus L.A. Weiterhin stellt sich die Folgefrage, ob PRISMA zu viel TOOL gehört haben und ich zu wenig. Für meine Seite möchte ich dies bejahen, denn trotz der Tatsache, dass sich Alben wie „AEnima“ oder „Lateralus“ in meinem Archiv befinden, sind sie mir nie so ans Herz gewachsen, wie dies bei den Schweizern der Fall zu sein scheint. Und hier liegt die entscheidende Schwäche der Eidgenossen. Ohne ein Plagiat zu sein – das wäre unfair – orientieren PRISMA sich zu sehr an den amerikanischen Werkzeugen und lassen dabei eine eigene Identität mit Aussagekraft vermissen. Hier wünscht man PRISMA in Zukunft mehr Mut, denn an den musikalischen Fähigkeiten liegt es nicht. Sonst hätten sie auch den New Yorker Howie Weinberg (THE agMARS VOLTA, SMASHING PUMPKINS) nicht für das Mastering der in Eigenregie aufgenommenen CD gewinnen können, ebenso wenig Musiker vom Zürcher Opernhaus für einzelne Streicher-Parts.
Der erste Schritt wäre ein Ausbrechen aus den oftmals sehr dezent und ruhig gehaltenen Arrangements, die in ihrer Metaphorik mehr etwas von einem plätschernden Gebirgsbach als von einem reißenden Fluss haben. Dies wird besonders am sauberen, aber bisweilen langweiligen Gesang von Matthias Luginbuehl deutlich, der so nicht das Spektrum eines Maynard James Keenan erreicht. Sicher, die aufgeräumte Struktur und Instrumentierung der Songs würde dadurch aufgelöst werden, jedoch gewänne man mehr an „Rock-Spirit“ und würde vielleicht auch dafür sorgen, dass die einzelnen Stücke sich stärker im Bewusstsein des Zuhörers verankern würden. Abgesehen davon also ein progressives Rockalbum auf hohem Niveau, welches jedoch mit Identitätsproblemen zu kämpfen hat.