Wenn mich jemand nach einer Band fragen würde, deren spielerisches Können weit über dem altersmäßigen Durchschnitt liegt, so würde ich ohne jegliches Zögern sofort PROTEST THE HERO nennen. Und genau diesen unvergleichlich hohen Output, den man damit suggeriert, stellen die fünf noch viel zu jungen Kanadier mit ihrem zweiten Longplayer ‚Fortress’ eindrucksvoll unter Beweis.
Wer dachte, dass nach ‚Kezia’ nichts mehr kommen könnte, womit die Band einen draufsetzen könne, der irrt gewaltig. Noch frecher, noch rockiger, noch mehr Metal, mehr Hardcoreeinschlag, irgendwie hat das neue Album von allem mehr! Diese zehn Songs sind eine absolut konsequente und logische Weiterentwicklung dessen, was uns vor etwas mehr als zwei Jahren schon kräftigst den Atem geraubt hat. Natürlich macht sich eine Band, die solch revolutionäre, was sage ich, visionäre Musik ohne Beschränkungen durch Stil oder spielerische Fertigkeit macht, nicht immer nur Freunde. Vielen dürfte ‚Fortress’ einfach nur anstrengend und konzept- bzw. stillos erscheinen. Letzteres kann man sogar fast bejahen, denn eine eindeutige Stilrichtung ist nicht erkennbar.
Irrwitzig schnelle Gitarren- und Bassläufe, ein nur im äussersten Notfall straight durchgespieltes Schlagzeug, glockenklarer Gesang, der aber auch mal kreischig oder grunzig beeindruckt, und immer wieder effektive, wenn auch nur als Untermauerung gesetzte Keyboardprogrammierung sind das, was PROTEST THE HERO anno 2008 auszeichnen. Befremdlich erscheint immer wieder das scheinbar als Pflichtübung eingeflochtene Stakkatoriffing, denn eigentlich ist das eine Spielart, die unter dem Niveau dieser Band liegt. Dafür punkten sie gleich doppelt so hoch, wenn es darum geht, auch mal eine stimmungsvolle Passage zu schreiben, in der eine Gitarre einfach mal nen fetten Akkord durchbrät, die andere Gitarre wilde Läufe als Verzierung spielt, und der Gesang für Gänsehaut sorgt.
Ähnlich wie ‚Kezia’ auch, ist ‚Fortress’ ebenfalls zumindest teilweise als Konzeptalbum angedacht, wenn auch hier in drei Teile unterteilt. Der Hintergrundgedanke hierbei ist, nicht nur Song auf Song wirken zu lassen, sondern das Album bzw. Albenabschnitte als Ganzes zu betrachten. Dieses Konzept geht auch wunderbar auf, denn wo die Songs schon einzeln unglaublich starken Ausdruck besitzen, kommen sie als gebündelte Einheit nochmals mit einer Extraportion Wucht und Emotion daher.
PROTEST THE HERO ist vielleicht die Band des Jahres! Wer ihr Genie nicht schon auf dem Debütalbum erkannt hat, wird an ‚Fortress’ nun nicht mehr vorbeikommen. Nicht vorzustellen, was denn wohl passieren wird, wenn diese Band bei ihrem sechsten oder siebenten Album angekommen ist. Was ist dann zu erwarten? Schon jetzt spielen sie technisch auf ähnlich hohem Niveau wie beispielsweise Dream Theater. Und, ich erwähne das an dieser Stelle gerne: die Herren sind im Schnitt 21 Jahre alt. Wenn PROTEST THE HERO ihre Weiterentwicklung in gleicher Geschwindigkeit beibehalten, wird in zwei bis drei Jahren das Wort Musik neu definiert werden müssen. Jetzt schon eines der besten Alben des noch recht jungen Jahres!