Mit tränenfeuchten Augen habe ich die Nachricht erhalten, dass Samiam eine neue Scheibe herausbringen würden. Tagtäglich habe ich den Briefkasten durchforstet nach dem ersehnten Rezensions-Päckchen. Dann endlich der Moment, in dem ich die Scheibe in Händen hielt. Und der allererste Gedanke war: oh mein Gott, ist das ein hässliches Cover. Egal, es zählt glücklicher Weise der Inhalt einer CD, auch wenn dieses Farbenspiel von Artwork ein nicht-kaufen-Argument ist. Was nun folgt, ist eine traurige Version der Geschichte vom hässlichen Entlein, welches sich leider nicht in einen Schwan verwandeln konnte. Hört selbst.
Nach sechs Jahren Pause haben Samiam nun das Nachfolgealbum zu ‚Astray’ aufgenommen. Die Wegbereiter für Hardcore und Punkrock schlechthin standen schon mehrfach vor der endgültigen Auflösung ihrer Band, haben sich jetzt aber letzten Endes doch dazu durchgerungen, ihre musikalische Karriere fortzusetzen. Ob ihnen dies allerdings mit ‚Whatever´s got you down’ gelingen wird, möchte ich bezweifeln.
Es ist Samiam leider nicht gelungen, qualitativ an ihre alten Erfolge anzuknüpfen. Dieses niederschmetternde Urteil ist sicherlich hart, aber ehrlich. Selbst eine Band wie ‚Samiam’ kann nicht genug Sympathiebonus in die Waagschale werfen, um aus diesem Album auch nur ein gutes Album zu machen, mehr als Mittelmaß ist leider nicht möglich. Die Songs kranken an mangelnden Ideen, abgegriffenen Melodien, die Produktion der Platte ist allenfalls Mittelklasse, und der früher so charismatische Gesang, der den großen Wiedererkennungswert für ‚Samiam’ ausgemacht hat, klingt jetzt nach einem abgehalfterten Jahrmarktbudenschreier nach einer durchzechten Nacht. Die Stimme selbst noch verkatert, die Gesangsmelodien leider immer etwas neben dem Rest der Musik.
Der Opener ‚When we´re together` hat zwar einen gewissen Ohrwurm-Charakter, allerdings aus zweierlei eher zweifelhaften Gründen: zum einen erinnert die Melodie (und die Metrik) deutlich an ‘With or without you’ von ‚U2’, zum anderen kann ein Ohrwurm auch negativ gedeutet werden in Richtung „oha, das ist doch Samiam, oder?“. Lediglich die Songs ‚Come home’ und ‚Lullaby’ lassen ein wenig von dem alten Glanz erstrahlen, den ‚Samiam’ früher so leichtfertig auf CD bringen konnten, und dies liegt wohl größtenteils daran, dass sich in diesen beiden Tracks der Gesang etwa eine Oktave unter den restlichen Stücken der CD bewegt, wo sich Sänger Jason Beebout deutlich besser macht als am oberen Limit seines Klangspektrums.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Release Samiam nicht das Genick bricht, und dass sie schnellstmöglich einen besseren Nachfolger auf den Markt schieben, sonst haben wir es wohl mit einem erlöschenden Stern am Punkcore-Himmel zu tun. Traurige Klangbeispiele finden sich unter Myspace. Für Fans wohl ein Muss, diese Platte zu besitzen, aber eher aus nostalgischen Gründen.