Seneca – Reflections

Für SENECA sind mir spontan zwei unterschiedliche Einleitungen eingefallen. Da ich keine der beiden weglassen will, müsst ihr da jetzt durch.
Kennt ihr auch das Gefühl, wenn irgendwie nichts Vernünftiges im Kühlschrank ist, um eine anständige Mahlzeit zu kochen? In solchen Fällen bleiben nur wenig Möglichkeiten, eine davon ist, von allen Resten, die vorhanden sind, einen kleinen Teil zu nehmen und in eine Pfanne zusammenzuschnipseln. Da kann was Leckeres bei rauskommen…
Schubladendenker aufgepasst: früher waren die Genres deutlich strikter unterteilt. Wenn man den Vergleich mit Stühlen heranholt, so hatte man recht schmale Sitzflächen. Im Laufe der Zeit kamen zuerst immer mehr Stühle dazu, dann wurden die Stühle durch Sessel ausgetauscht, später dann Sofas, und heute ist man bei etwas angekommen, was man als Großfamilien-Couchlandschaften bezeichnen könnte. Nichtsdestotrotz hat es SENECA geschafft, sich zwischen die Couchlandschaften zu setzen, und man stellt fest: auf dem Fußboden kann es auch eine gewisse Zeit lang bequem sein.
Die Band dürfte wohl eine der ersten Deathcoreemometalbeatdownprogpop-Bands sein, die es weltweit gibt. So richtig entscheiden können sich die Jungs nicht, was für Musik sie machen wollen. Das ist zum einen extrem abwechslungsreich, irgendwie aber halt auch nichts halbes und nichts ganzes, zudem macht die Band dadurch einen schizophrenen Eindruck. Angefangen mit Blastbeats und Metalcore-Anleihen, entwickeln sich die Songs immer mal wieder in eine Richtung, die so gar nicht zu Deathcore passen wollen: Cleangesang (und zwar gar nicht mal so schlechter) kombiniert mit Geschrei, was in der Mischung ein wenig nach In Flames klingt, dann wieder nur Cleangesang, begleitet von unverzerrten Gitarren, rüber zu einem harten, direkten Moshpart, und dann wieder volle Kelle.
Der stetige Wechsel zwischen knallhart und hauchzart, zwischen grenzwertig brutal und schon fast zu soft, um von einer Rockband zu stammen, ist Dreh- und Angelpunkt von ‚Reflections’. Insbesondere ‚Carousels’ zeigt besonders deutlich, wie facettenreich die Band eigentlich ist. Das Problem an der Sache: trotz absoluter Vielseitigkeit, die das Geschehen enorm auflockert, hat SENECA nur wenige Ideen zu bieten, die man nicht schon X-mal gehört hat. Wie bei der eingangs erwähnten „Alles-muss-weg“-Pfanne auch, sind alle Elemente aus den Songs schon mal woanders verwendet worden, und lediglich die neue Mischung machts.
Apropos Mischung: der Mix und die Aufnahme an sich ballern ziemlich doll. Hier hört man eine vernünftige Aufnahme, die nicht überproduziert wurde, aber auch keine Scheu vor moderner Produktionstechnik hat.
Mit ein paar eigenen Ideen wäre das Album der Oberhammer, so ist es extrem gefällig, da ungewöhnlich. Nach drei Durchläufen am Stück hat das aber erst einmal seinen Reiz verloren, und die Scheibe wandert wieder ins Regal, wo sie aber nicht zwangsläufig einstauben wird…

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