The County Medical Examiners – Olidous Operettas

„Das neue Carcass-Album ist da.“ Selten war man so sehr in der Versuchung, eine Plattenkritik so zu eröffnen. Wenn es eine Band verdient hat, mit eben jenen in einem Atemzug genannt zu werden, dann sind das THE COUTY MEDICAL EXAMINERS. Was sich auf „Albumtitel“ alles so abspielt, ist seit langem nicht mehr so genussförderlich gezeigt worden. Genau dort, wo Carcass mit ihrem Schaffen irgendwann aufgehört haben, setzen THE COUNTY MEDICAL EXAMINERS genau wieder an. Technisch eindrucksvoller Grindcore, der eben nicht plump die ganze Zeit nur Vollgas bietet, sondern nur als Blastspeed-Attacken die ansonsten eher geradeausrollenden Songs unterstützt. Auch wenn das Soundgewand gerne ebenfalls ähnliche Qualitäten aufweisen könnte wie das der englischen Vorbilder , zu welcher diese sich vom klassischen Grindcore hin zu eher ruhigeren Deathmetal-Gefilden entwickelten. Aber genug des Vergleiches, auch wenn das gesamte Bandimage wie ein „Tribute to“ verstanden werden kann.
CD-Cover und Bandfoto sprechen eine recht eindeutige Sprache. Das gesamte Konzept der Band befasst sich mit dem Image aus dem Leichenschauhaus, und so zieren das Cover präparierte Leichenteile, die Musiker hüllen sich in Arztkittel, nennen sich M.D. (medical doctor), und auch alle Songtitel haben direkt oder indirekt mit Vivisektionen und ähnlichem zu tun.
Nunja, ist halt nicht unbedingt jedermanns Sache, aber andererseits auch nicht wirklich verwerflich. Das, was im Endeffekt zählt, ist die Musik, und da gibt es kräftig auf die Glocke. Das, was den Charme der Scheibe ausmacht, ist die Kombination aus den tiefen Grunts und dem kehligen Gekrächze, was die meiste Zeit parallel verläuft. Dazu Gitarrenriffing, das irgendwo zwischen Melodie und Akkordschrubben liegt, eigentlich ganz schick. Die Songs poltern recht zügig los, finden aber auch ab und an eine Sattelstelle, auf der dann das Tempo deutlich herausgenommen wird. Teilweise wirken die Riffs etwas abgekupfert (von wem wohl?), und ab und an könnten auch gerne etwas neuere Ideen in den Songs verwendet werden, alles in allem aber eine runde Sache für Fans von Grindcore.
Letztere Aussage ist hier allerdings Programm: man muss sich schon für die Musik interessieren, um mit ‚Olidous Operettas’ warm zu werden, denn die klanglichen Schwachpunkte sind wirklich nicht zu leugnen. Die gesamte Produktion scheint mit sehr viel Hall versehen worden zu sein, dadurch wirkt sie etwas kraftlos und leer, der Bass geht fast komplett unter, der Gesang ist etwas zu weit im Vordergrund, und auch das Timing-Gefühl der Band ist nicht immer perfekt.
Egal, alleine die Tatsache, dass wieder eine Band versucht, sich im Carcass-Stil Gehör zu verschaffen, verdient Anerkennung. Wäre die Scheibe etwas tighter produziert, hätte das ganze Ding Kultcharakter, so reicht es leider nur fürs Mittelfeld.

Schreibe einen Kommentar