The Offspring – Rise And Fall, Rage And Grace

Als 1994 mit Smash von OFFSPRING und Dookie von GREEN DAY zwei großartige Alben von MTV zum Startschuss einer zweiten Punkwelle erkoren wurden, rümpfte die Szene bedenklich die Nase. Denn die beiden Vertreter waren zwar Teil der vornehmlich kalifornischen Szene, aber nicht unbedingt deren Macher und Wortführer. Das waren BAD RELIGION und NOFX mit ihrer kleinen, aber stilbildenden Labelfamilie Epitaph und Fat Wreck im Hintergrund.

Während GREEN DAY dem Indie Lookout bereits den Rücken gekehrt und ihr drittes Album auf dem Major Reprise veröffentlicht hatten, stellte Smash Epitaph vor große Probleme. Man konnte das zweite Epitaph-Album der Punkpopper aus Huntinton Beach (Klinsmann-Town) kaum so schnell pressen wie es verkauft wurde. Sicher, Labelmacher Brett Gurewitz wusste, dass OFFSPRING ein grandioses Album abgeliefert hatten. Auf den noch recht übersichtlichen Bestelllisten des Backkataloges, die Epitaph damals jedem Release beipackte, wurden sowohl Smash als auch der Vorgänger Ignition als eine Ansammlung großartiger, einprägsamer und alles überragender Melodien beschrieben. Doch der Erfolg des Jahres von 1994 war nicht planbar. Auf späteren Zetteln stand dann nur noch lapidar „Smash, yes, it is!“

Mussten OFFSPRING das nächste Release Ixnay On The Hombre aus Vertragsgründen noch auf Epitaph veröffentlichen, war danach der Weg in die große kommerzielle Glitzerwelt frei und die Sony-Tochter Columbia bekam den Zuschlag. Brett Gurewitz wurde jedoch dank „Smash“ zum Millionär und Epitaph zum größten Indie-Label weltweit. Ein Grund mehr, warum Mr. Brett BAD RELIGION nach dem Major-Debüt Stranger than Fiction verließ, um sich ums Geschäft zu kümmern. Die Ska-Punker von RANCID waren nämlich die nächsten, die mit Out Come The Wolves ein Album veröffentlicht hatten, das die Begehrlichkeiten der Großindustrie weckte. Vergeblich…RANCID sind bis heute auf Epitaph und Frontman Tim „Lint“ Armstrong betreibt nebenher das Sublabel Hellcat.

Soviel zur Punk-Historie. Das alles ist fast Ewigkeiten her. Inzwischen haben OFFSPRING mehrere Alben verkauft, die sich stilistisch kaum vom Überflieger „Smash“ unterschieden. Allenfalls solche Nummern wie Pretty Fly For A White Guy von Americana und Original Prankster von Conspiracy Of One sowie Hit That von Splinter durften unter der Rubrik Totalausfall verbucht werden, wurden jedoch immer aus unerklärlichen Gründen zur Single erkoren. Dieser dreimalige Fettnapf sorgte auch dafür, dass die Vorwürfe der kommerziellen Ausrichtung nicht verstummen sollten. Doch bei aller Ehrlichkeit: OFFSPRING haben schon immer einen popigen, melodischen Punk fabriziert, der viele Musikhörer anzusprechen versucht. Das ist auch auf dem achten Studioalbum des Quartetts um Dexter Holland nicht anders.

Schon die beiden ersten Uptempo-Nummern Half-Truism und Trust in You verkörpern in bester Art und Weise die OFFSPRING-Tradition. Neue Songs, die man irgendwie schon kennt und sofort im Hirn speichern kann. Die nächsten beiden Stücke You´re Gonna Go Far, Kid und die gelungene Single Hammerhead führen dies fort. Sehr emotional und von der ruhigen Seiten zeigen sich die Abkömmlinge in A Lot Like Me, in Kristy, Are You Doing OK? sowie in Fix You. Und ohne hier jeden einzelnen der übrigen Songs ausführlich besprechen zu wollen, kann angemerkt werden, dass sie einen Querschnitt aus dem zeigen, was man von OFFSPRING erwartet. Den Schnelleren, den Mittelschnellen, den Rockigen, den Hüpfenden. Also, alles dabei.

Rise & Fall, Rage & Grace ist fünf Jahre nach dem etwas schwächeren Vorgänger Splinter ein neues Lebenszeichen, auf dem Pop-Punk in Reinform zelebriert wird und die Kalifornier einfach sie selbst bleiben. Daran ändert auch Bob Rock hinterm Mischpult nichts. Das mag für viele Szene-Punks zu kommerziell sein, ist aber nun mal so. Zur Ehrenrettung des Undergrounds, aus dem auch THE OFFSPRING stammen, sollte hier lobend erwähnt werden, dass Dexter Holland seit Jahren das feine Label Nitro leitet und uns damit so schöne Bands wie A WILHELM SCREAM und AFI geschenkt hat. Obwohl letztere auch mal Punk und Untergrund waren. Nun ja, seit 1994 hat sich eben viel verändert.

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