Es ist schon verwunderlich, dass gewisse Musikrichtungen lediglich durch bestimmte Regeln funktionieren, sowohl bei den Machern als auch bei den Fans. Klischees werden dabei allzu oft eher bestätigt als widerlegt. Jazz ist für Intellektuelle, Emo-Kids tragen schwarze Band-Shirts und Seitenscheitel, der noch so behütet aufgewachsene Rapper tut auf einmal so, als käme er aus dem schlimmsten Getto, Rollenspieler müssen definitiv vom Mittelalter angehauchte Musik mögen, Hardcore-Liebhaber mutieren ohne Ankündigung zu Straight-Edgern und wollen partout Mamas Schnitzelvariationen nicht mehr essen, Punks müssen sich die Haare färben und sich in der Öffentlichkeit daneben benehmen und richtige Metall-Scheiben müssen alberne Cover haben und vom Krieg handeln. Wann bitte hört das mal auf?
Bei TOXIC HOLOCAUST wird Klischee-Konservierung GROSS geschrieben. Dafür zeichnet Joel Grind verantwortlich, der mit „An Overdose Of Death…“ sein drittes Album raushaut, auf dem Thrashmetal ohne lästigen Schnickschnack zu hören ist. Das Debüt für Relapse wurde von keinem geringeren als Jack Endino (NIRVANA, SOUNDGARDEN) aufgenommen und auch in ZEKE-Trommler Donny Paycheck hat man die Unterstützung eines Meisters seines Faches gefunden. Das Ergebnis ist schnell, roh, brachial, dreckig. Soweit, so gut. Doch so sehr Mr. Grind versucht, an den Thrash-Spirit der 80er anzuknüpfen, so antiquiert und obsolet klingt das Produkt, welches sich eher an weniger melodischen Vorbildern wie SLAYER, VENOM, DISCHARGE oder SODOM orientiert als etwa an alten METALLICA, MEGADETH, CRO MAGS oder ANTHRAX.
Das schon tausend Mal gehörte Riffing klingt mit wenigen Ausnahmen uninspiriert und langweilig, der leicht grunzende Gesang von Grind bleibt monoton und ohne interessante Aspekte, Lead-Parts such man vergeblich und an melodische, vielleicht sogar akustische oder mit Clean-Vocals versehene Passagen wollen wir erst gar nicht erst denken, sodass von den 13 rasant vorgetragenen Stücken nichts wirklich hängen bleibt. Insofern können TOXIC HOLOCAUST den metallenen Teil meines Herzens nicht zum Schmelzen bringen, nicht nur wegen ihrer Musik, sondern auch wegen ihres Vokabulars: Holocaust, Hölle (2x), Krieg (2x), Tod und Gräber (2x) sowie böse Herrscher (2x). Selbst wenn man das Ganze ablehnt, muss man das so überstrapazieren?
Daher bleibe ich lieber beim 80er Original, lausche „Among The Living“, „Master Of Puppets“ oder „Peace Sells“, halte mich bei modernen Varianten lieber an IN FLAMES, SHADOWS FALL oder TRIVIUM und hoffe, dass METALLICA, die im Herbst ihr neues Album „Death Mahnetic“ veröffentlichen, daran gedacht haben, dass sie einst als Vorreiter des Thrash-Metals galten.