Die CD fängt an zu rotieren, und nach einem kurzen, geringfügig überflüssigen Introtrack breitet sich unverzüglich ein erfreutes Lächeln über mein Gesicht, wo ich in den Blicken der anderen Zuhörer nur verständnisloses Kopfschütteln entdecken kann: es ist Zeit für brutalen, gnadenlosen Deathmetal der schnellen Dampframmen-Art. WHITECHAPEL aus Knoxville, Tennessee haben sich innerhalb von Sekunden in mein Herz gespielt. So und nicht anders hat eine Deathmetal-Scheibe zu klingen.
Die mit drei Gitarristen fast überbesetzte „weiße Kapelle“ (nein, eigentlich ist der Londoner Stadtteil gemeint, in dem Jack The Ripper wütete) hat innerhalb des einen Jahres, das es sie jetzt gibt, recht eindrucksvoll gelernt, wie man gekonnt melodiöses Frickelriffing mit stumpfen Moshgitarren kombiniert, haben Hooklines mit der Muttermilch aufgesaugt und genau analysiert, von welchen Klassiker-Alben man welche Ideen abwandeln und als eigenständige Sachen verwenden kann. Hier paart sich Cannibal Corpse mit Hypocrisy, Dying Fetus und Bleeding Through (um auch mal eine zeitgenössische Band zu nennen, die nicht schon seit Dekaden im Geschäft ist).
Das Drumming ist klanglich butterweich, aber dadurch umso druckvoller, präzise und immer deutlich hörbar, ohne dabei die Gitarren zu übertönen. Diese sind so hemmungslos tief in den Keller gestimmt, dass es schwer fällt, den Bass in diesem Gewitter auszumachen, aber es ist auf jeden Fall ein dickes Fundament vorhanden. Die Grunts sind ebenfalls von der ganz tiefen Sorte, im Grenzbereich der Verständlichkeit, dafür ist der als Kontrast recht häufig gesetzte hohe Kreischgesang umso deutlicher. Das schafft die nötige Abwechlung, an der viele Deathmetalbands leider kranken.
Was soll man sonst noch schreiben, was nicht schon Milliarden mal über Deathmetal geschrieben wurde? Die Texte befassen sich mit Carcass-mäßigen Sektionen, Blut, Körperteilen, halt genau jenen sinnentleerten Bereichen, für die Deathmetal so oft schon kritisiert wurde. Aber genauso häufig, wie dies schon kritisiert wurde, wird auch hier wieder die Verteidigungsrede vorbereitet, dass keinesfalls Gewalt gepredigt oder zum Mord aufgerufen wird, sondern lediglich das in Texte verpackt wird, was man an Horror-oder Splatterfilmen mag (oder halt auch nicht), und jeder, der sich eingehend mit Deathmetal-Bands beschäftigt hat, weiß, dass diese dort abgehandelten Dinge nicht allzu ernst genommen werden sollten.
Mit ‚The Somatic Defilement’ erscheit ein Todesblei, das mit allen Wassern gewaschen ist, vom Härtegrad mit Klassikern wie ‚The Bleeding’ oder ‚Necroticism – Descanting The Insalubrious’ meiner Ansicht nach mithalten kann, das aber andererseits auch keine wirklichen Neuerungen in dieses nicht totzukriegende Genre bringt. Egal, ich finde es grandios, vom instrumententechnischen Aspekt mal ganz abgesehen!