Genau wie auch schon bei Alive At Last stellt sich natürlich die Frage, wie objektiv ein Redakteur sein kann, wenn eine befreundete Band ein Album veröffentlicht. Seien wir absolut ehrlich: eigentlich geht man sogar noch kritischer an die Sache heran, da man ja (selbst als Musiker tätig) genau weiß, dass geheucheltes Lob niemandem hilft, weder der Band, noch den Leuten, die die CD dann irgendwann kaufen und ggf. enttäuscht werden. Zudem weiß man genau, dass, sollte man übertrieben euphorische Worte wählen und diese nicht so meinen, dieser Schwindel schnell auffliegen würde. Deswegen hier jetzt die ungeschminkte, absolute Wahrheit über ‚Visions Of Chaos’:
Fakt eins ist: die Band hat es erneut nicht geschafft, die Besetzung lange genug zu halten, um ein aktuelles Bandfoto in der CD zeigen zu können. Fakt zwei ist: nach zwei 3-Track-Demos hätte man sich etwas mehr als nur sechs Songs inklusive Intro auf einer Mini-CD erwünscht. Fakt drei ist: drauf geschissen, diese Mini-CD ist so heiß, dass es einem die Spucke von der Zunge wegbrennt. Der Sound der CD ist insgesamt ein wenig rumpelig, was den Songs aber extrem gut zu Gesicht steht. Hier atmet die Produktion, da ist Leben in der Bude. Die Gitarren sind so Gain-lastig, dass sie sich nicht durch den Gehörgang quetschen, sondern einfach den Kopf seitlich auffräsen. ‚Visions of chaos’ ist ganz getreu nach dem roten Faden dieser Band Musik gewordener Krieg.
Stilistisch hört man immer noch sehr gut heraus, dass hier Freunde von Bolt Thrower am Werk sind, die zu früheren Zeiten deutlich erkennbaren Hardcore-Wurzeln, die die einzelnen Bandmitglieder hatten, sind mittlerweile weitestgehend verdorrt und auf dem Kriegsschauplatz CODE OF HONOUR im eigenen Blut verendet. Stattdessen regiert der langsame, rollende Deathmetal.
Ein wenig zu dominant erscheint mir der Bass, der bei näherer Betrachtung zwar für ordentliches Pfund sorgt, aber auch ein wenig die Gitarren unterpflügt. Gordons Gesang ist für Deathmetalverhältnisse sehr gut verständlich, geht stellenweise aber auch unter den Panzerketten der Instrumentalisten unter.
‚Visions of chaos’ zeigt CODE OF HONOUR präsenter als je zuvor und in bestechender Form: die Songs kommen punktgenau, verlieren sich nicht in zu vielen unterschiedlichen Riffvarianten von ein und derselben Idee, stattdessen hat man auch mal den Mut, fast schon „rockig“ klingende Riffs mit zu verwenden… Im Krieg würde man wohl von Täuschkörpern sprechen.
‚Visions of chaos’ ist ehrlich gemachter Deathmetal, der keinem Trend hinterher läuft, sondern geradlinig dem Stil der Band treu bleibt. Die Wucht, mit der die neuen Songs live einschlagen dürften, wird wohl ansehnliche Bombenkrater hinterlassen…
Wer die Scheibe übrigens sein Eigen nennen will, der kann sie entweder über die Myspaceseite von CODE OF HONOUR oder in Hannover bei Hot Shots oder 25th Music kaufen.