Es hat den Anschein, als würden schwedische Babys mit der Muttermilch eine ganz besondere Substanz aufsaugen, denn anders ist es nicht erklärbar, dass das flächenmäßig große, jedoch einwohnerschwache Land im Norden eine so große Menge an überdurchschnittlich guten bis sehr guten Bands sämtlicher Genres hervorbringt. Herzlich willkommen, hier sind COWBOY PROSTITUTES!
COWBOY PROSTITUTES??? Was für ein behämmerter Name! Also ehrlich! Das Quartett kommt aus Örebro in Mittelschweden, ebenso Heimatstadt von MILLENCOLIN. Was liegt da näher, als sich mit Guru Dan Swanö für das Zweitwerk „Let me have your heart“ den gleichen Kultproduzenten zu angeln? Klar, nichts! Doch das war es auch schon mit den Gemeinsamkeiten, denn musikalisch ziehen die Kuhjungennutten andere Seiten auf ihre Klampfen auf. In Rockschweden bleiben dann noch zwei große Bereiche über: Metal oder…naja…die Presse spricht gerne von Schweinerock. Und letztere Kategorie ist für Ordnungsfetischisten die am besten passende Schublade.
Schon der erste Blick auf das rückseitig aufgedruckte Bandfoto suggeriert, man sollte COWBOY PROSTITUTES genrebedingt HELLACOPTERS, GLUECIFER oder BACKYARD BABIES zuordnen, allerdings täuscht der Eindruck: Das, was die Huren hier runterrocken, ist in bester Manier Hard- und Sleaze-Rock Marke MÖTLEY CRÜE, SKID ROW, GN´R, WARRANT und L.A. GUNS. Natürlich kommt man damit auch ohne Dauerwelle und Leggings stilistisch mindestens 20 Jahre zu spät; doch auch wenn Sänger und Bassist Luca Isabelle die hohen Gesangslagen nicht so beherrscht wie Axl Rose, Vince Neil oder Sebastian Bach, so sorgen Songs wie „Outrageous“, „Through the streets“ und „Make things right“ für ein Schmunzeln auf meinen Lippen in Erinnerungen an alte Tage und entfachen ein Gefühl der Kurzweile. Hier muss man weder musikalisch noch lyrisch groß nachdenken, sondern kann ganz einfach mitrocken, jeder nach seiner Art: Springen, Bangen, Wippen, Nicken. Etwas schade finde ich es allerdings, dass die reine und eigentlich obligatorische Herzschmerzballade fehlt, auch wenn „What shall I do?“ dem nahe kommt.
Zum Schluss bleibt die Frage offen, ob COWBOY PROSTITUTES mit ihrem neuen Werk die Schwelle von der flüchtigen Ablenkung vom Alltag zur Nachhaltigkeit überschreiten können. Wünschen würde ich es den vier Skandinaviern, auch wenn ich aufgrund des wenig facettenreichen Gesangs ein wenig skeptisch bleibe. Dennoch: mehr als durchschnittliche Kostbefriedigung. Rock on, guys!