Angst. Anders kann ich das Gefühl nicht beschreiben, das ich hatte, als ich das neue Album von AT THE SOUNDAWN in den Player geschoben habe. Angst davor, enttäuscht zu werden, denn das Debüt ‚Red Squares – We come in waves’ hat mich einfach umgehauen und riesige Erwartungen in den Nachfolger geweckt, wobei ich schon nicht damit gerechnet hatte, dass die Herren aus Italien noch eins draufsetzen können würden.
Track eins beginnt, und…
…der Zauber ist noch da. Es dauert keine halbe Minute, da hat die Band mich wieder in ihren Bann gezogen, hypnotisieren mich mit wabernden Gitarren und einem absolut charismatischen, ausdrucksstarken Schreigesang und fast schon schwebenden Klangteppichen, rhythmisch unterstützt durch ein Schlagzeug, das punktuelle Akzente setzt, sich ansonsten aber dem Gesamtbild anzupassen versteht.
Und plötzlich bricht alles in sich zusammen bzw. endet abrupt. Ich muss die Anlage etwas lauter drehen, um zu verstehen, was da gerade passiert: ein sanfter Cleanpart, so leise und zerbrechlich, dass er bei normaler Lautstärke wohl als totale Stille empfunden worden wäre. Der Schlagzeuger zeigt nun zusammen mit dem Rest der Band Lounge-Jazz-Befähigung, absolut verträumter Cleangesang, harmonisch perfekt mit einem Saxophon begleitet (letzteres kommt auf der Scheibe noch häufiger zum Einsatz, sehr zur Freude des Rezensenten).
Nach und nach steigert sich dieser Part, bis wir wieder in einer Brüllpassage sind, wie sie als Einleitung verwendet wurde, und ohne das wir es bemerkt hätten, sind schon wieder fünf Minuten ins Land gezogen, und der Song ist vorbei…
So und ähnlich wird euch ‚Shifting’ die ganze Zeit erscheinen: von „Songs“ zu sprechen, widerstrebt meinem Musikempfinden, denn ein Song wird nach meiner Definition durch eine Struktur geprägt, die man in Strophen, Refrains, etc. unterteilen kann. AT THE SOUNDAWN komponieren Stücke, Musikwerke, was auch immer ihr es nennen mögt, die euch mit auf eine Reise nehmen.
Nach ‚We come in waves’ haben sie es trotzdem geschafft, noch eine Schippe draufzulegen, und eines steht fest wie das Amen in der Kirche: der nächste Abend, an dem Zeit zum Ausruhen ist, gehört dieser Band. Einfach nur hinsetzen, Musik anmachen, und die Augen schließen. Danke dafür!