Wenn es aktuell eine Band gibt, die die 10 Gebote der Rockbibel genauestens studiert hat, dann sind das JAMIE´S ELSEWHERE. Wären die Refrains nicht so unglaublich schön, würde man wahrscheinlich vor Kitsch das kalte Kotzen kriegen. Hier werden alle Register gezogen, die im Pop-Bereich aus einem normalen Song einen Hit machen, allen voran die goldenen Regeln in Bezug auf Songlänge (mindestens 3min, höchstens 3min 30sek), cachy Refrains (ja, fange i m m e r mit dem höchsten Ton an und komm ganz schnell wieder dahin zurück, lege 3kg Zucker auf die Stimme, und sing den Refrain so oft wie es nur geht) und Abläufe (ein guter Hit benötigt nicht mehr als maximal vier unterschiedliche Parts).
All das machen JAMIE´S ELSEWHERE, und dazu obendrein auch noch Technocore, also etwas insgesamt schon recht trendbewusstes. Im Gegensatz zu Enter Shikari langweilen sie dabei aber nicht, fallen einem aber auch nicht wie etwa Horse The Band nach wenigen Songs auf den Wecker. Die Eurodance und sonstigen Elektro-Einflüsse sind immer zweckdienlich, niemals vorherrschendes Element, werden von heftigen Moshparts nach vorne getrieben, um dann durch die schon zur Genüge beschriebenen Refrains auf den Gipfel getragen zu werden.
Victory-typisch macht man keine Experimente, was den Sound betrifft, und bekommt entsprechend die volle Kelle. Gleiches gilt übrigens auch für den Schreigesang, bei dem man den Schmerz in den Stimmbändern förmlich hören kann. Zwar ist auch deutlich ein Zerreffekt mit verwendet worden, im Vergleich zu anderen Shoutern ist allerdings ein großer Teil des Dampfes nicht künstlicher Natur.
Betrachtet man dann separat noch einmal den eher experimentellen Song „The prodigal“, bleibt ein überragendes Album, das die letzten Releases von Atreyu und A Day To Remember in Sachen Individualität, Frische und Pop-Appeal locker in die Tasche steckt. Natürlich ist bei dieser Band alles genau so, wie man es von einer Szeneband derzeit erwartet, und natürlich liegt da auch das Gefühl nahe, dass man es mit einem Retorten-Produkt zu tun hat, aber: wen kümmert das denn bei so tollen Hooks?