Mit dem Start der neuen Dekade wird sich herausstellen, was die Nuller-Jahre wert gewesen sind, worin ihr musikalisches Vermächtnis für die Nachwelt besteht. Fakt ist: Das Vorgängerjahrzehnt, die sagenumwobenen 90er, haben eine starke musikalische und besonders alternative Duftmarke hinterlassen: Vom Aufstieg von Grunge über die Wiederentdeckung des Punks bis hin zur Revitalisierung des Hardcores und der Grundsteinlegung des Emos (bitte nicht verwechseln mit dem, was heute dafür gilt).
WORN IN RED aus Richmond, der ehemaligen Hauptstadt der amerikanischen Südstaaten, der Konföderation, stehen in der Tradition namhafter Bands aus Virginia, seien es STRIKE ANYWHERE, AVAIL oder ENGINE DOWN, die als Aushängeschilder für die Hardcore-Geschichte dieser Region stehen. Darüber hinaus verstehen WORN IN RED es gekonnt, moderne Hardcore-Elemente, wie wir sie zuletzt von SOUL CONTROL und DEAD SWANS, gehört haben, mit dem 90er-Groove von QUICKSAND und der ebenfalls aus diesem Jahrzehnt stammenden Melodie von ONLY LIVING WITNESS zu kombinieren, sodass auf der einen Seite schnell ein Bekanntheitsgefühl einsetzt, auf der anderen Seite jedoch Spannung für das Neue entsteht.
Schon der Opener „Vital Joys“ verzichtet auf ein Intro, aus dem Stand geht es Nacken brechend und mit dem sich durch alle Songs ziehenden heiseren Gesang los, wobei immer wieder nur dezent instrumentierte Ruhepausen eingebaut werden, „Piled like Bricks“ nimmt dieses Konzept ebenfalls auf. Herausragend allerdings ist das folgende „When People have something to say“, mit Abstand der melodischste und rhythmischste Track der Scheibe, der wunderbar an den von POLAR BEAR CLUB praktizierten Post-Hardcore erinnert, wobei „Resigned and not Resigning“ sich zurückhaltend in Atmosphäre ergibt, gleichfalls „And you knew“, wohingegen die beiden Midtempo-Stampfer „Mise en Abyme“ und „Fort Reno“ dann zum Finale ansetzen und dieses beschließen.
WORN IN RED wissen zu überzeugen; in ihrem Midtempo-Stücken lebt der Geist des Hardcores der 90er Jahre, der durch kleine melodische Elemente so interessant modern inszeniert wird. Einziger Wermutstropfen bleibt die geringe Songanzahl, worüber jedoch den Audiophilen die Vinyl-Version hinwegtrösten kann. Wie bei No Idea üblich, ist das Material immer farbig (meine Version z.B. ist grau marmoriert übersät mit rot-weißen Sprenklern), mit einem Download-Code ausgestattet und in der Regel recht günstig zu haben. Meine persönliche Schönheit des Januars 2010.